1. Nebenübung von Rudolf Steiner: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''erste Bedingung''' ist die Aneignung eines '''vollkommen klaren Denkens'''. Man muß zu diesem Zwecke sich, wenn auch nur eine ganz kurze Zeit des Tages, etwa fünf Minuten (je mehr, desto besser) '''freimachen von dem Jrrlichtelieren''' der Gedanken. '''Man muß Herr in seiner Gedankenwelt werden.''' Man ist nicht Herr, wenn äußere Verhältnisse, Beruf, irgendwelche Tradition, gesell­schaftliche Verhältnisse, ja, selbst die Zugehörigkeit zu einem gewissen Volkstum, wenn Tageszeit, bestimmte Verrichtungen usw., usw., bestimmen, daß man einen Gedanken hat, und wie man ihn ausspinnt. Man muß sich also in obiger Zeit ganz nach freiem Willen leer machen in der Seele von dem gewöhnlichen, alltäglichen Gedankenablauf und sich aus eigener Initiative einen Gedanken in den Mittelpunkt der Seele rücken. Man braucht nicht zu glauben, daß dies ein hervorragender oder interessanter Gedanke sein muß; was in okkulter Beziehung erreicht werden soll, wird sogar besser erreicht, wenn man anfangs sich bestrebt, einen möglichst uninteressanten und unbedeutenden Gedanken zu wählen. Dadurch wird die selbsttätige Kraft des Denkens, auf die es ankommt, mehr erregt, während bei einem Gedanken, der interessant ist, dieser selbst das Denken fortreißt. '''Es ist besser, wenn diese Bedingung der Gedankenkontrolle mit einer Steckna­del, als wenn sie mit Napoleon dem Großen vorgenommen wird.''' Man sagt sich: '''Ich gehe jetzt von diesem Gedanken aus und reihe an ihn durch eigenste innere Initiative alles, was sachgemäß mit ihm verbunden werden kann.''' Der Gedanke soll dabei am Ende des Zeitraumes noch ebenso farbenvoll und lebhaft vor der Seele stehen wie am Anfang. '''Man mache diese Übung Tag für Tag, mindestens einen Monat hindurch;''' man kann jeden Tag einen neuen Gedanken vornehmen; man kann aber auch einen Gedan­ken mehrere Tage festhalten. '''Am Ende einer solchen Übung ver­suche man, das innere Gefühl von Festigkeit und Sicherheit, das man bei subtiler Aufmerksamkeit auf die eigene Seele bald bemer­ken wird, sich voll zum Bewußtsein''' zu bringen, und dann be­schließe man die Übungen dadurch, daß man an sein Haupt und an die Mitte des Rückens (Hirn und Rückenmark) denkt, so wie wenn man jenes Gefühl in diesen Körperteil hineingießen wollte.»<ref name=":0">Rudolf Steiner: ''Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen'', [[s:GA 267#61|[GA 267, S. 61f]]]</ref></blockquote>In der Geheimwissenschaft im Umriss (GA 13) spricht Rudolf Steiner im Kapitel "DIE ERKENNTNIS DER HÖHEREN WELTEN (VON DER EIN­WEI­HUNG ODER IN­I­TIA­TI­ON)" wie folgt von der ersten Nebenübung.<blockquote>«Von ei­ner sach­ge­mä­ß­en Schu­lung wer­den ge­wis­se Ei­gen­­schaf­ten ge­nannt, wel­che sich durch Übung der­je­ni­ge er­wer­­ben soll, wel­cher den Weg in die höhe­ren Wel­ten fin­den will. Es sind dies vor al­lem: Herr­schaft der See­le über ih­re Ge­­dan­ken­füh­rung, über ih­ren Wil­len und ih­re Ge­füh­le. Die Art, wie die­se Herr­schaft durch Übung her­bei­ge­führt wer­­den soll, hat ein zwei­fa­ches Ziel. Ei­ner­seits soll der See­le da­durch Fes­tig­keit, Si­cher­heit und Gleich­ge­wicht so weit ein­­ge­prägt wer­den, daß sie sich die­se Ei­gen­schaf­ten be­wahrt, auch wenn ein zwei­tes Ich aus ihr ge­bo­ren wird. And­rer­­seits soll die­sem zwei­ten Ich Stär­ke und in­ne­rer Halt mit auf den Weg ge­ge­ben wer­den.
Die '''erste Bedingung''' ist die Aneignung eines '''vollkommen klaren Denkens'''. Man muß zu diesem Zwecke sich, wenn auch nur eine ganz kurze Zeit des Tages, etwa fünf Minuten (je mehr, desto besser) '''freimachen von dem Jrrlichtelieren''' der Gedanken. '''Man muß Herr in seiner Gedankenwelt werden.''' Man ist nicht Herr, wenn äußere Verhältnisse, Beruf, irgendwelche Tradition, gesell­schaftliche Verhältnisse, ja, selbst die Zugehörigkeit zu einem gewissen Volkstum, wenn Tageszeit, bestimmte Verrichtungen usw., usw., bestimmen, daß man einen Gedanken hat, und wie man ihn ausspinnt. Man muß sich also in obiger Zeit ganz nach freiem Willen leer machen in der Seele von dem gewöhnlichen, alltäglichen Gedankenablauf und sich aus eigener Initiative einen Gedanken in den Mittelpunkt der Seele rücken. Man braucht nicht zu glauben, daß dies ein hervorragender oder interessanter Gedanke sein muß; was in okkulter Beziehung erreicht werden soll, wird sogar besser erreicht, wenn man anfangs sich bestrebt, einen möglichst uninteressanten und unbedeutenden Gedanken zu wählen. Dadurch wird die selbsttätige Kraft des Denkens, auf die es ankommt, mehr erregt, während bei einem Gedanken, der interessant ist, dieser selbst das Denken fortreißt. '''Es ist besser, wenn diese Bedingung der Gedankenkontrolle mit einer Steckna­del, als wenn sie mit Napoleon dem Großen vorgenommen wird.''' Man sagt sich: '''Ich gehe jetzt von diesem Gedanken aus und reihe an ihn durch eigenste innere Initiative alles, was sachgemäß mit ihm verbunden werden kann.''' Der Gedanke soll dabei am Ende des Zeitraumes noch ebenso farbenvoll und lebhaft vor der Seele stehen wie am Anfang. '''Man mache diese Übung Tag für Tag, mindestens einen Monat hindurch;''' man kann jeden Tag einen neuen Gedanken vornehmen; man kann aber auch einen Gedan­ken mehrere Tage festhalten. '''Am Ende einer solchen Übung ver­suche man, das innere Gefühl von Festigkeit und Sicherheit, das man bei subtiler Aufmerksamkeit auf die eigene Seele bald bemer­ken wird, sich voll zum Bewußtsein''' zu bringen, und dann be­schließe man die Übungen dadurch, daß man an sein Haupt und an die Mitte des Rückens (Hirn und Rückenmark) denkt, so wie wenn man jenes Gefühl in diesen Körperteil hineingießen wollte.»<ref name=":0">Rudolf Steiner: ''Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen'', [[s:GA 267#61|[GA 267, S. 61f]]]</ref></blockquote>In der Geheimwissenschaft im Umriss (GA 13) spricht Rudolf Steiner im Kapitel "DIE ERKENNTNIS DER HÖHEREN WELTEN (VON DER EIN­WEI­HUNG ODER IN­I­TIA­TI­ON)" wie folgt von der ersten Nebenübung.<blockquote>«Von ei­ner sach­ge­mä­ß­en Schu­lung wer­den ge­wis­se Ei­gen­­schaf­ten ge­nannt, wel­che sich durch Übung der­je­ni­ge er­wer­­ben soll, wel­cher den Weg in die höhe­ren Wel­ten fin­den will. Es sind dies vor al­lem: Herr­schaft der See­le über ih­re Ge­­dan­ken­füh­rung, über ih­ren Wil­len und ih­re Ge­füh­le. Die Art, wie die­se Herr­schaft durch Übung her­bei­ge­führt wer­­den soll, hat ein zwei­fa­ches Ziel. Ei­ner­seits soll der See­le da­durch Fes­tig­keit, Si­cher­heit und Gleich­ge­wicht so weit ein­­ge­prägt wer­den, daß sie sich die­se Ei­gen­schaf­ten be­wahrt, auch wenn ein zwei­tes Ich aus ihr ge­bo­ren wird. And­rer­­seits soll die­sem zwei­ten Ich Stär­ke und in­ne­rer Halt mit auf den Weg ge­ge­ben wer­den.


Was dem Den­ken des Men­schen für die Geis­tes­schu­lung vor al­lem not­wen­dig ist, das ist Sach­lich­keit. In der phy­sisch-sinn­li­chen Welt ist das Le­ben der gro­ße Lehr­meis­ter für das men­sch­li­che Ich zur Sach­lich­keit. Woll­te die See­le in be­lie­bi­­ger Wei­se die Ge­dan­ken hin und her schwei­fen las­sen: sie müß­te als­bald sich von dem Le­ben kor­ri­gie­ren las­sen, wenn sie mit ihm nicht in Kon­f­likt kom­men woll­te. Die See­le muß ent­sp­re­chend dem Ver­lauf der Tat­sa­chen des Le­bens den­ken. Wenn nun der Mensch die Auf­merk­sam­keit von der phy­sisch-sinn­li­chen Welt ab­lenkt, so fehlt ihm die Zwangs­kor­rek­tur der letz­te­ren. Ist dann sein Den­ken nicht im­­stan­de, sein ei­ge­ner Kor­rek­tor zu sein, so muß es ins Ir­r­­lich­te­lie­ren kom­men. Des­halb muß das Den­ken des Geis­tes­schü­lers sich so üben, daß es sich sel­ber Rich­tung und Ziel ge­ben kann. In­ne­re Fes­tig­keit und die Fähig­keit, st­reng bei ei­nem Ge­gen­stan­de zu blei­ben, das ist, was das Den­ken in sich selbst heran­zie­hen muß. Des­halb sol­len ent­sp­re­chen­de «Denk­übun­gen» nicht an fern­lie­gen­den und kom­p­li­zier­ten Ge­gen­stän­den vor­ge­nom­men wer­den, son­dern an ein­fa­chen und na­he­lie­gen­den. Wer sich über­win­det, durch Mo­na­te hin­durch täg­lich we­nigs­tens fünf Mi­nu­ten sei­ne Ge­dan­ken an ei­nen all­täg­li­chen Ge­gen­stand (zum Bei­spiel ei­ne Steck­­na­del, ei­nen Blei­s­tift usw.) zu wen­den und wäh­rend die­ser Zeit al­le Ge­dan­ken aus­zu­sch­lie­ßen, wel­che nicht mit die­sem Ge­gen­stan­de zu­sam­men­hän­gen, der hat nach die­ser Rich­­tung hin viel ge­tan. (Man kann täg­lich ei­nen neu­en Ge­gen­­stand be­den­ken oder meh­re­re Ta­ge ei­nen fest­hal­ten.) Auch der­je­ni­ge, wel­cher sich als «Den­ker» durch wis­sen­schaft­li­che Schu­lung fühlt, soll­te es nicht ver­sch­mähen, sich in sol­cher Art für die Geis­tes­schu­lung «reif» zu ma­chen. Denn wenn man ei­ne Zeit­lang die Ge­dan­ken hef­tet an et­was, was ei­nem ganz be­kannt ist, so kann man si­cher sein, daß man sach­­ge­mäß denkt. Wer sich frägt: Wel­che Be­stand­tei­le set­zen ei­nen Blei­s­tift zu­sam­men? Wie wer­den die Ma­te­ria­li­en zu dem Blei­s­tift vor­ge­ar­bei­tet? Wie wer­den sie nach­her zu­­­sam­men­ge­fügt? Wann wur­den die Blei­s­tif­te er­fun­den? und so wei­ter, und so wei­ter: ein sol­cher paßt sei­ne Vor­s­tel­­lun­gen si­cher mehr der Wir­k­lich­keit an als der­je­ni­ge, der dar­über nach­denkt, wie die Ab­stam­mung des Men­schen ist oder was das Le­ben ist. Man lernt durch ein­fa­che Denk­übun­gen für ein sach­ge­mä­ß­es Vor­s­tel­len ge­gen­über der Welt der Sa­turn-, Son­nen- und Mon­den­ent­wi­cke­lung mehr als durch kom­p­li­zier­te und ge­lehr­te Ide­en. Denn zu­nächst han­delt es sich gar nicht dar­um, über die­ses oder je­nes zu den­ken, son­dern sach­ge­mäß durch in­ne­re Kraft zu den­ken. Hat man sich die Sach­ge­mäß­h­eit an­er­zo­gen an ei­nem leicht über­schau­ba­ren sinn­lich-phy­si­schen Vor­gang, dann ge­wöhnt sich das Den­ken da­ran, auch sach­ge­mäß sein zu wol­len, wenn es sich nicht durch die phy­sisch-sinn­li­che Welt und ih­re Ge­set­ze be­herrscht fühlt. Und man ge­wöhnt es sich ab, un­­sach­ge­mäß die Ge­dan­ken schwär­m­en zu las­sen.»<ref>Rudolf Steiner: ''Die Geheimwissenschaft im Umriß,'' [[s:GA 13#329|[GA 13, S. 329f]]]</ref></blockquote>
Was dem Den­ken des Men­schen für die Geis­tes­schu­lung vor al­lem not­wen­dig ist, das ist Sach­lich­keit. In der phy­sisch-sinn­li­chen Welt ist das Le­ben der gro­ße Lehr­meis­ter für das men­sch­li­che Ich zur Sach­lich­keit. Woll­te die See­le in be­lie­bi­­ger Wei­se die Ge­dan­ken hin und her schwei­fen las­sen: sie müß­te als­bald sich von dem Le­ben kor­ri­gie­ren las­sen, wenn sie mit ihm nicht in Kon­f­likt kom­men woll­te. Die See­le muß ent­sp­re­chend dem Ver­lauf der Tat­sa­chen des Le­bens den­ken. Wenn nun der Mensch die Auf­merk­sam­keit von der phy­sisch-sinn­li­chen Welt ab­lenkt, so fehlt ihm die Zwangs­kor­rek­tur der letz­te­ren. Ist dann sein Den­ken nicht im­­stan­de, sein ei­ge­ner Kor­rek­tor zu sein, so muß es ins Ir­r­­lich­te­lie­ren kom­men. Des­halb muß das Den­ken des Geis­tes­schü­lers sich so üben, daß es sich sel­ber Rich­tung und Ziel ge­ben kann. In­ne­re Fes­tig­keit und die Fähig­keit, st­reng bei ei­nem Ge­gen­stan­de zu blei­ben, das ist, was das Den­ken in sich selbst heran­zie­hen muß. Des­halb sol­len ent­sp­re­chen­de «Denk­übun­gen» nicht an fern­lie­gen­den und kom­p­li­zier­ten Ge­gen­stän­den vor­ge­nom­men wer­den, son­dern an ein­fa­chen und na­he­lie­gen­den. Wer sich über­win­det, durch Mo­na­te hin­durch täg­lich we­nigs­tens fünf Mi­nu­ten sei­ne Ge­dan­ken an ei­nen all­täg­li­chen Ge­gen­stand (zum Bei­spiel ei­ne Steck­­na­del, ei­nen Blei­s­tift usw.) zu wen­den und wäh­rend die­ser Zeit al­le Ge­dan­ken aus­zu­sch­lie­ßen, wel­che nicht mit die­sem Ge­gen­stan­de zu­sam­men­hän­gen, der hat nach die­ser Rich­­tung hin viel ge­tan. (Man kann täg­lich ei­nen neu­en Ge­gen­­stand be­den­ken oder meh­re­re Ta­ge ei­nen fest­hal­ten.) Auch der­je­ni­ge, wel­cher sich als «Den­ker» durch wis­sen­schaft­li­che Schu­lung fühlt, soll­te es nicht ver­sch­mähen, sich in sol­cher Art für die Geis­tes­schu­lung «reif» zu ma­chen. Denn wenn man ei­ne Zeit­lang die Ge­dan­ken hef­tet an et­was, was ei­nem ganz be­kannt ist, so kann man si­cher sein, daß man sach­­ge­mäß denkt. Wer sich frägt: Wel­che Be­stand­tei­le set­zen ei­nen Blei­s­tift zu­sam­men? Wie wer­den die Ma­te­ria­li­en zu dem Blei­s­tift vor­ge­ar­bei­tet? Wie wer­den sie nach­her zu­­­sam­men­ge­fügt? Wann wur­den die Blei­s­tif­te er­fun­den? und so wei­ter, und so wei­ter: ein sol­cher paßt sei­ne Vor­s­tel­­lun­gen si­cher mehr der Wir­k­lich­keit an als der­je­ni­ge, der dar­über nach­denkt, wie die Ab­stam­mung des Men­schen ist oder was das Le­ben ist. Man lernt durch ein­fa­che Denk­übun­gen für ein sach­ge­mä­ß­es Vor­s­tel­len ge­gen­über der Welt der Sa­turn-, Son­nen- und Mon­den­ent­wi­cke­lung mehr als durch kom­p­li­zier­te und ge­lehr­te Ide­en. Denn zu­nächst han­delt es sich gar nicht dar­um, über die­ses oder je­nes zu den­ken, son­dern sach­ge­mäß durch in­ne­re Kraft zu den­ken. Hat man sich die Sach­ge­mäß­h­eit an­er­zo­gen an ei­nem leicht über­schau­ba­ren sinn­lich-phy­si­schen Vor­gang, dann ge­wöhnt sich das Den­ken da­ran, auch sach­ge­mäß sein zu wol­len, wenn es sich nicht durch die phy­sisch-sinn­li­che Welt und ih­re Ge­set­ze be­herrscht fühlt. Und man ge­wöhnt es sich ab, un­­sach­ge­mäß die Ge­dan­ken schwär­m­en zu las­sen.»<ref>Rudolf Steiner: ''Die Geheimwissenschaft im Umriß,'' [[s:GA 13#329|[GA 13, S. 329f]]]</ref></blockquote>

Version vom 6. Januar 2024, 21:45 Uhr

Einleitendes

Rudolf Steiner weist hier eingangs schon auf die besondere Bedeutung, die Wichtigkeit hinsichtlich der sogenannten Nebenübungen hin. Man sollte hier nicht das Wort Nebenübungen mit Nebensächlichkeiten verbinden, vielmehr sind diese Übungen geradezu die Hauptsache, das zugrunde liegende für jedes geistige Streben. Dazu das Zitat aus der GA 267 von Rudolf Steiner:

«Alle Meditations- und Konzentrations- und sonstigen Übungen werden wertlos, ja, in einer gewissen Beziehung sogar schädlich sein, wenn das Leben nicht im Sinne dieser Bedingungen sich regelt»

«ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN,

die ein jeder an sich selbst stellen muß,

der eine okkulte Entwickelung durchmachen will

[sogenannte Vor- oder Nebenübungen

«In dem Folgenden werden die Bedingungen dargestellt, die einer okkulten Entwickelung zugrunde liegen müssen. Es sollte nie­mand denken, daß er durch irgendwelche Maßnahmen des äußeren oder inneren Lebens vorwärtskommen könne, wenn er diese Be­dingungen nicht erfüllt. Alle Meditations- und Konzentrations- und sonstigen Übungen werden wertlos, ja, in einer gewissen Beziehung sogar schädlich sein, wenn das Leben nicht im Sinne dieser Bedingungen sich regelt. Man kann dem Menschen keine Kräfte geben; man kann nur die in ihm schon liegenden zur Entwickelung bringen. Sie entwickeln sich nicht von selbst, weil es äußere und innere Hindernisse für sie gibt. Die äußeren Hin­dernisse werden behoben durch die folgenden Lebensregeln. Die inneren durch die besonderen Anweisungen über Meditation und Konzentration usw.[1]

Gedankenkontrolle

Rudolf Steiner ist in mehreren Werken auf diese Vor- oder Nebenübungen eingegangen. Bei AnthroWorld ist die GA 267 eine Art von Leitwerk an dem wir uns orientieren wollen. Die anderen hier aufgeführten Werke von Rudolf Steiner sollen diese aus anderen Blickwinkeln beleuchten bzw. das gewonnene Bild fülligen. Rudolf Steiner verwendet für diese 1. Nebenübung verschiedene Namen, Gedankenkontrolle, Regelung des Gedankenverlaufs, Herrschaft über die Gedankenführung, Sachlichkeit und Gedankenkonzentration. All diese Namen zusammen beschreiben sehr gut, um was es bei dieser 1. Nebenübung im Grunde geht.

«In dem Folgenden werden die Bedingungen dargestellt, die einer okkulten Entwickelung zugrunde liegen müssen. Es sollte nie­mand denken, daß er durch irgendwelche Maßnahmen des äußeren oder inneren Lebens vorwärtskommen könne, wenn er diese Be­dingungen nicht erfüllt. Alle Meditations- und Konzentrations- und sonstigen Übungen werden wertlos, ja, in einer gewissen Beziehung sogar schädlich sein, wenn das Leben nicht im Sinne dieser Bedingungen sich regelt. Man kann dem Menschen keine Kräfte geben; man kann nur die in ihm schon liegenden zur Entwickelung bringen. Sie entwickeln sich nicht von selbst, weil es äußere und innere Hindernisse für sie gibt. Die äußeren Hin­dernisse werden behoben durch die folgenden Lebensregeln. Die inneren durch die besonderen Anweisungen über Meditation und Konzentration usw. Die erste Bedingung ist die Aneignung eines vollkommen klaren Denkens. Man muß zu diesem Zwecke sich, wenn auch nur eine ganz kurze Zeit des Tages, etwa fünf Minuten (je mehr, desto besser) freimachen von dem Jrrlichtelieren der Gedanken. Man muß Herr in seiner Gedankenwelt werden. Man ist nicht Herr, wenn äußere Verhältnisse, Beruf, irgendwelche Tradition, gesell­schaftliche Verhältnisse, ja, selbst die Zugehörigkeit zu einem gewissen Volkstum, wenn Tageszeit, bestimmte Verrichtungen usw., usw., bestimmen, daß man einen Gedanken hat, und wie man ihn ausspinnt. Man muß sich also in obiger Zeit ganz nach freiem Willen leer machen in der Seele von dem gewöhnlichen, alltäglichen Gedankenablauf und sich aus eigener Initiative einen Gedanken in den Mittelpunkt der Seele rücken. Man braucht nicht zu glauben, daß dies ein hervorragender oder interessanter Gedanke sein muß; was in okkulter Beziehung erreicht werden soll, wird sogar besser erreicht, wenn man anfangs sich bestrebt, einen möglichst uninteressanten und unbedeutenden Gedanken zu wählen. Dadurch wird die selbsttätige Kraft des Denkens, auf die es ankommt, mehr erregt, während bei einem Gedanken, der interessant ist, dieser selbst das Denken fortreißt. Es ist besser, wenn diese Bedingung der Gedankenkontrolle mit einer Steckna­del, als wenn sie mit Napoleon dem Großen vorgenommen wird. Man sagt sich: Ich gehe jetzt von diesem Gedanken aus und reihe an ihn durch eigenste innere Initiative alles, was sachgemäß mit ihm verbunden werden kann. Der Gedanke soll dabei am Ende des Zeitraumes noch ebenso farbenvoll und lebhaft vor der Seele stehen wie am Anfang. Man mache diese Übung Tag für Tag, mindestens einen Monat hindurch; man kann jeden Tag einen neuen Gedanken vornehmen; man kann aber auch einen Gedan­ken mehrere Tage festhalten. Am Ende einer solchen Übung ver­suche man, das innere Gefühl von Festigkeit und Sicherheit, das man bei subtiler Aufmerksamkeit auf die eigene Seele bald bemer­ken wird, sich voll zum Bewußtsein zu bringen, und dann be­schließe man die Übungen dadurch, daß man an sein Haupt und an die Mitte des Rückens (Hirn und Rückenmark) denkt, so wie wenn man jenes Gefühl in diesen Körperteil hineingießen wollte.»[1]

In der Geheimwissenschaft im Umriss (GA 13) spricht Rudolf Steiner im Kapitel "DIE ERKENNTNIS DER HÖHEREN WELTEN (VON DER EIN­WEI­HUNG ODER IN­I­TIA­TI­ON)" wie folgt von der ersten Nebenübung.

«Von ei­ner sach­ge­mä­ß­en Schu­lung wer­den ge­wis­se Ei­gen­­schaf­ten ge­nannt, wel­che sich durch Übung der­je­ni­ge er­wer­­ben soll, wel­cher den Weg in die höhe­ren Wel­ten fin­den will. Es sind dies vor al­lem: Herr­schaft der See­le über ih­re Ge­­dan­ken­füh­rung, über ih­ren Wil­len und ih­re Ge­füh­le. Die Art, wie die­se Herr­schaft durch Übung her­bei­ge­führt wer­­den soll, hat ein zwei­fa­ches Ziel. Ei­ner­seits soll der See­le da­durch Fes­tig­keit, Si­cher­heit und Gleich­ge­wicht so weit ein­­ge­prägt wer­den, daß sie sich die­se Ei­gen­schaf­ten be­wahrt, auch wenn ein zwei­tes Ich aus ihr ge­bo­ren wird. And­rer­­seits soll die­sem zwei­ten Ich Stär­ke und in­ne­rer Halt mit auf den Weg ge­ge­ben wer­den.


Was dem Den­ken des Men­schen für die Geis­tes­schu­lung vor al­lem not­wen­dig ist, das ist Sach­lich­keit. In der phy­sisch-sinn­li­chen Welt ist das Le­ben der gro­ße Lehr­meis­ter für das men­sch­li­che Ich zur Sach­lich­keit. Woll­te die See­le in be­lie­bi­­ger Wei­se die Ge­dan­ken hin und her schwei­fen las­sen: sie müß­te als­bald sich von dem Le­ben kor­ri­gie­ren las­sen, wenn sie mit ihm nicht in Kon­f­likt kom­men woll­te. Die See­le muß ent­sp­re­chend dem Ver­lauf der Tat­sa­chen des Le­bens den­ken. Wenn nun der Mensch die Auf­merk­sam­keit von der phy­sisch-sinn­li­chen Welt ab­lenkt, so fehlt ihm die Zwangs­kor­rek­tur der letz­te­ren. Ist dann sein Den­ken nicht im­­stan­de, sein ei­ge­ner Kor­rek­tor zu sein, so muß es ins Ir­r­­lich­te­lie­ren kom­men. Des­halb muß das Den­ken des Geis­tes­schü­lers sich so üben, daß es sich sel­ber Rich­tung und Ziel ge­ben kann. In­ne­re Fes­tig­keit und die Fähig­keit, st­reng bei ei­nem Ge­gen­stan­de zu blei­ben, das ist, was das Den­ken in sich selbst heran­zie­hen muß. Des­halb sol­len ent­sp­re­chen­de «Denk­übun­gen» nicht an fern­lie­gen­den und kom­p­li­zier­ten Ge­gen­stän­den vor­ge­nom­men wer­den, son­dern an ein­fa­chen und na­he­lie­gen­den. Wer sich über­win­det, durch Mo­na­te hin­durch täg­lich we­nigs­tens fünf Mi­nu­ten sei­ne Ge­dan­ken an ei­nen all­täg­li­chen Ge­gen­stand (zum Bei­spiel ei­ne Steck­­na­del, ei­nen Blei­s­tift usw.) zu wen­den und wäh­rend die­ser Zeit al­le Ge­dan­ken aus­zu­sch­lie­ßen, wel­che nicht mit die­sem Ge­gen­stan­de zu­sam­men­hän­gen, der hat nach die­ser Rich­­tung hin viel ge­tan. (Man kann täg­lich ei­nen neu­en Ge­gen­­stand be­den­ken oder meh­re­re Ta­ge ei­nen fest­hal­ten.) Auch der­je­ni­ge, wel­cher sich als «Den­ker» durch wis­sen­schaft­li­che Schu­lung fühlt, soll­te es nicht ver­sch­mähen, sich in sol­cher Art für die Geis­tes­schu­lung «reif» zu ma­chen. Denn wenn man ei­ne Zeit­lang die Ge­dan­ken hef­tet an et­was, was ei­nem ganz be­kannt ist, so kann man si­cher sein, daß man sach­­ge­mäß denkt. Wer sich frägt: Wel­che Be­stand­tei­le set­zen ei­nen Blei­s­tift zu­sam­men? Wie wer­den die Ma­te­ria­li­en zu dem Blei­s­tift vor­ge­ar­bei­tet? Wie wer­den sie nach­her zu­­­sam­men­ge­fügt? Wann wur­den die Blei­s­tif­te er­fun­den? und so wei­ter, und so wei­ter: ein sol­cher paßt sei­ne Vor­s­tel­­lun­gen si­cher mehr der Wir­k­lich­keit an als der­je­ni­ge, der dar­über nach­denkt, wie die Ab­stam­mung des Men­schen ist oder was das Le­ben ist. Man lernt durch ein­fa­che Denk­übun­gen für ein sach­ge­mä­ß­es Vor­s­tel­len ge­gen­über der Welt der Sa­turn-, Son­nen- und Mon­den­ent­wi­cke­lung mehr als durch kom­p­li­zier­te und ge­lehr­te Ide­en. Denn zu­nächst han­delt es sich gar nicht dar­um, über die­ses oder je­nes zu den­ken, son­dern sach­ge­mäß durch in­ne­re Kraft zu den­ken. Hat man sich die Sach­ge­mäß­h­eit an­er­zo­gen an ei­nem leicht über­schau­ba­ren sinn­lich-phy­si­schen Vor­gang, dann ge­wöhnt sich das Den­ken da­ran, auch sach­ge­mäß sein zu wol­len, wenn es sich nicht durch die phy­sisch-sinn­li­che Welt und ih­re Ge­set­ze be­herrscht fühlt. Und man ge­wöhnt es sich ab, un­­sach­ge­mäß die Ge­dan­ken schwär­m­en zu las­sen.»[2]

Literatur

  • Rudolf Steiner: Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen, GA 267 (2001),  ISBN 3-7274-2670-5
  • Rudolf Steiner: Die Geheimwissenschaft im Umriß, GA 13 (1989), ISBN 3-7274-0130-3

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Rudolf Steiner: Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen, [GA 267, S. 61f]
  2. Rudolf Steiner: Die Geheimwissenschaft im Umriß, [GA 13, S. 329f]