Möglichkeiten der Kunst - Sprachgestaltung. Ein Vortrag von Dr. Wolfgang Peter

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Vorschau

Während einer Anthroposophischen Tagung am 24. Februar 2024 in Wien hielt Wolfgang einen Vortrag zum Thema "Möglichkeiten der Kunst" am Beispiel der "Sprachgestaltung". Zum Miterleben machte Wolfgang mit den Besuchern des Vortrages auch praktische Übungen aus der anthroposophischen Sprachgestaltung. Neben Wolfgangs Vortrag gab es auch Beiträge von Dr. Elisabeth Rössel-Majdan (Karl Rössel-Majdan) und Anton Kimpfler.

Transkription des Vortrages "Möglichkeiten der Kunst"

Von allen Wesen im Kosmos ist der Mensch allein zur Kunst fähig  0:01:35

Ja, wir wollen ein bisschen über die Möglichkeiten der Kunst sprechen - eben die Kunst als etwas, was unsere Entwicklung fördern kann, wodurch wir uns selbst auch weiterentwickeln können. Und ich möchte Ihnen zum Einstieg nur einen Auszug aus Schillers Gedicht „Die Künstler“ vorlesen. Da steckt schon sehr viel drinnen.

Im Fleiß kann dich die Biene meistern,

In der Geschicklichkeit der Wurm dein Lehrer sein,

Dein Wissen theilest du mit vorgezognen Geistern,

Die Kunst, o Mensch, hast du allein.

Nur durch das Morgenthor des Schönen

Drangst du in der Erkenntniß Land.

An höhern Glanz sich zu gewöhnen,

Übt sich am Reize der Verstand.

Was bei dem Saitenklang der Musen

Mit süßem Beben dich durchdrang,

Erzog die Kraft in deinem Busen,

Die sich dereinst zum Weltgeist schwang.

(Auszug aus dem Gedicht „Die Künstler“ von Friedrich von Schiller, 1759–1805)

Also ein Wichtiges drinnen ist, dass die Kunst wir als Menschen alleine haben. Die Götter haben sie nicht. Die Tiere haben sie nicht: Sie Fähigkeiten, alle möglichen instinktiven Fähigkeiten. Biber können einen Biberbau bauen oder einen Staudamm bauen oder so etwas. Und trotzdem, wirkliche Kunst haben sie nicht. Also Kunst… und Kunst begleitet den Menschen eigentlich ziemlich vom Anfang an.

Also, wo der Mensch beginnt, sich aufzurichten, wo er dann beginnt, seine Hände freizubekommen, wo er beginnt, in irgendeiner Form Werkzeuge zu machen, beginnt die bildende Kunst schon. Ist Gebrauchsgegenstand zunächst, aber zugleich auch künstlerisch gestalteter Gegenstand. Also da kann man schon weit in die Vergangenheit zurückgehen. Also das heißt, noch weit vor die vor diese Kulturepochen, die wir haben, also wo der Mensch so in der Aufrichte-Phase war noch drinnen das, was eben Rudolf Steiner auch die Atlantische Zeit nennt, also was man auch nennen kann, die Eiszeit. Wir stehen im Übrigen immer noch in der Eiszeit drinnen. Wir sind nur in einer momentanen Warm-Phase der Eiszeit. Aber wir sind in der letzten Eiszeit drinnen. Aber die letzte Warm-Phase hat eben begonnen, so 10 000, 9000 vor Christus ungefähr. Da hat es die großen Überschwemmungen gegeben, da hat sich das Antlitz der Erde sehr wesentlich verändert.

Der Steinzeitmensch sah noch viel mehr Geistiges - ein Erleben, das teilweise auch heute die Tiere noch haben 0:03:23

Aber die erste Form der Kunst gab es schon davor. Also schon aus der atlantischen Zeit kommt etwas herüber und - sehr interessant, was Elisabeth (Dr. Elisabeth Rössel-Majdan) ja auch erwähnt hat: Also gerade die erste Kulturepoche, dann die urindische Kultur, noch diese ganz starke Verbindung mit der Erde.

Wo man noch teilweise in Höhlen gelebt hat, teilweise aber auch sich Häuser gebaut hat, die wie Höhlen waren, ohne Fenster, ein Eingang vielleicht von oben, wo man hinunterklettert und drinnen stockdunkel. Im Grunde also dieses geborgen sich Fühlen im Mutterschoß der Erde sozusagen. Das ist das, wo der Mensch eigentlich so richtig für die Erde geboren wird zunächst einmal, kulturell gesehen, im kulturellen Geschehen. Und auf der ganzen Welt gab es also diese Höhlen, diese unterirdischen Höhlengänge, die teilweise nicht nur natürlichen Ursprungs waren, sondern die auch weiter ausgebaut wurden. Wir haben ganz tolle Sachen in Österreich hier. Weiß kaum jemand! Klosterneuburg ist unterhöhlt von Höhlengängen. Dort haben Völker, dort haben Menschen gelebt vor Jahrtausenden. Ist nur mehr wenig heute bekannt. Gibt es in der Steiermark. Es gibt es in allen Ländern, es gibt es in Indien viel, also in allen Ländern.

Also der Mensch kommt aus der Erde heraus in gewisser Weise, also da schlüpft er heraus geradezu. Die Erde ist sowas wie die große Eischale, die er dann aufpickt langsam und dann das Köpfchen herausstreckt und dann eben sich beginnt wirklich in der zweiten Kulturepoche so richtig hinauf zu strecken und erstmals wirklich voll bewusst den Himmel und die Sonne zu sehen. Man denkt, na ja, gut, das hat sich ja in der Steinzeit auch schon Menschen gegeben, die haben auch schon Augen gehabt wie wir. Und man glaubt, die Menschen hätten die Welt so gesehen wie wir. Überhaupt nicht! Das Sinnliche war noch ganz schemenhaft, nämlich für das, was sie mit ihrem Bewusstsein erlebt haben. Es ist nicht einfach so, dass wir, weil wir jetzt die Augen aufmachen, dann sehen wir die Welt so, wie sie ist. Wir sehen sie in einer bestimmten Form, die durch unsere Art, wie wir sehen gelernt haben, bedingt ist. Aber es ist nur ein Ausschnitt aus dem Ganzen. Der Steinzeitmensch, der atlantische Mensch, sah noch viel mehr Geistiges. Allerdings schon beginnend in - na ja, sag ich – sinnesqualitätenartige Eindrücke sich zu mischen. Aber er sah noch nicht die äußeren Formen. Wenn ein Tier ihm entgegen kam, dann sah er an der Aura, die er sieht, die er sehr wohl schon in Farben sieht - und Farben sind sinnlich - und trotzdem sieht er übersinnlich zugleich. Er sieht die Aura und sieht daran, das Tier ist gefährlich, das Tier ist nicht gefährlich, das ist ein gutes Beutetier usw.

Das war das Erleben, das teilweise auch heute die Tiere noch haben. Die Tiere erleben auch die Welt teilweise so, heute noch. Man muss nicht glauben, weil eine Katze die Maus findet und so, dass die Katze die Maus so erleben würde wie wir als räumliches Wesen, das irgendwo vor ihm herumläuft, sondern es ist ein großes Aufleuchten, möchte ich sagen. Und es kommt ganz darauf an, ob die Katze verspielt ist, gerade Spielen will mit ihr oder ob sie gar hungrig ist und sie fressen will, dann erlebt sie es ganz anders. Wenn sie gesättigt ist und ihre Ruhe haben will - Katzen wollen 16 Stunden Schlaf am Tag  - der Rest der Zeit sind sie mehr oder weniger aktiv. Also gerade Raubtiere sind ja so, dass sie kurz aktiv sind, dann ermüden sie eigentlich schon, dann ist längere Zeit Ruhe. Also bei Geparden oder so ist das, die sind sehr schnell erschöpft. Also das heißt, wenn sie ihre Beute nicht erwischen rechtzeitig, dann ist die Gefahr sehr groß, dass sie verhungern. Weil sie können dann nicht mehr. Sie brauchen eine lange Regenerationsphase, um das wieder aufzubauen. Weil sie etwas Einseitiges sind gegenüber den Menschen. Der Mensch hat nämlich das, was im Tierreich aufgeteilt ist. Es gibt Tiere, die des Kopfprinzip sehr stark haben, also die Nagetiere zum Beispiel, die alle sehr nervös sind. Sofort, wenn irgendwo ein Geräusch ist, sofort – pfft - sind sie weg. Auch eine Maus oder so, also wo die Zähne ja sehr stark betont sind, also das Kopfprinzip, wo die Sinne drinnen sind, die sind ganz alarmiert. Die Raubtiere wie die Katze zum Beispiel oder die Löwen, halt die großen Katzen - gibt es ja in allen möglichen Variationen - da ist das mittlere Prinzip ganz stark, das Herzprinzip, das Atmungsprinzip. Aber Kraftreserven kaum! Kraftreserven kaum. Schaut euch so einen Löwen an, wenn…  der Brustkorb ist mächtig. Also das heißt, die Atmung, die geht intensiv, wenn der losspurtet oder wenn so ein Gepard oder was losspurtet, da geht schon was dahin. Die erreichen hohe Geschwindigkeiten – 70, 80, 90 Stundenkilometer, das ist gewaltig! Aber lange durchhalten tun sie es nicht. Die Antriebskraft dazu, die kommt über die Atmung, dann wird das Blut halt sehr stark mit Sauerstoff versorgt. Aber die eigentlichen Stoffwechselreserven sind fast nicht vorhanden. Das heißt, das geht ein paar Minuten und wenn es dann die Beute nicht kriegt, dann hängt das Tier da - im wahrsten Sinne des Wortes – mit heraushängender Zunge.

Das Verdauungsprinzip, dort wo die Kraft ist - das ja, man könnte sagen, was fast fernöstliche Meditationshaltung ist, jedenfalls vom Erleben her, na bei der Kuh zum Beispiel. Bei den Verdauungstieren eben, bei denen besonders lang ausgebildet ist der Darm-Trakt. Die Kuh mit ihren 7 Mägen, die sie hat, die das immer wieder hinaufbefördert, wieder hinunter, weil sie das aufarbeitet, was am schwersten aufzuarbeiten ist, nämlich die Pflanzen, die Zellulose. Das ist alles schwer verdaulich in Wahrheit. Also das Gras, wir würden uns vom Gras nicht wirklich ernähren können, weil wir es gar nicht verdauen können, also die Pflanzenfasern aufzubrechen, das ist ein immenser Kraftaufwand. Und da braucht die Kuh halt ihre Meditation dazu, sprich -  sie meditiert wirklich, weil sie schaut in ihr Inneres, sie erlebt ihr Inneres und da erlebt sie sicher unheimlich viel mehr als wir erleben. Weil wir sind im Vergleich zu allen Tieren zum Beispiel so, dass wir… ja wenn wir Nahrung etwa zu uns nehmen oder auch wenn wir nur atmen, ja so viel wie fast gar nichts mitkriegen. Wir sind schon froh, wenn wir mmh! diese Speise ist köstlich und kaum haben wir es runtergeschluckt, ist es weg. Die Kuh spürt es bis in die Gedärme hinein. Und jedes Mal, wenn das wieder hochkommt, ist es ein Wohlgeschmack, der sich da tut und wo eine ganze Welt erzählt davon, was… wo das Gras gewachsen ist - ja auch etwas spürt von den Elementarkräften, die da drinnen sind. Das erlebt die Kuh. Naturhellseherin sozusagen!

Goethe entwickelte die Methode, im Sinnlichen, am Sinnlichen das Übersinnliche zu schauen. Er entdeckte die Urpflanze – die Wachstumsbewegung, die allen Pflanzen gemeinsam ist  0:11:18

Ich meine, wir sind von den Wesen auf Erden das erste Wesen, das nicht hellsichtig ist. Also die Tiere sind alle hellsichtig im Grunde. Das heißt, sie erleben die geistige - beziehungsweise sagen wir besser - die seelische Seite der Welt, das was dahinter ist. Auch wenn sie Farben erleben, erleben sie in den Farben die Seelenqualitäten viel stärker als wir. Wir spüren schon - ah! das ist ein starkes Rotes, das kommt mir fast ein bisschen aggressiv vor. Das ist bei den Tieren viel ausgeprägter. Und eben in diesen Farbtönen erleben sie aber auch das sinnlich-Übersinnliche.

Das, was Goethe dann später als Methode so ganz bewusst ausgearbeitet hat, das sinnlich- übersinnliche Schauen. Im Sinnlichen, am Sinnlichen das Übersinnliche zu schauen. Das heißt, in der Pflanze die Urpflanze zu sehen. Also das heißt, die Wachstumsbewegung eigentlich, die Wachstumsgestalt, die Wachstumsspur, die allen Pflanzen gemeinsam ist, die sich aber dann in Hunderttausenden Millionen verschiedenen Arten und Formen und Farben dann auch verwirklichen kann. Aber hinter allen steckt die Urpflanze, die - ja, eigentlich, wie Goethe dann sagt, das Blattprinzip ist. Da fängt‘s eigentlich an. Die ganze Pflanze, sagt er, ist von oben bis unten im Grunde Blatt. Nur sie verwandelt sich. Sie verwandelt sich zum Beispiel hier bei den Blütenpflanzen, dass dann der Kelch kommt. Also das heißt, da geht es weg von dem hinauf, dem Licht zu immer weiter und dann Blatt links, Blatt rechts, Blatt links und so weiter. Jetzt auf einmal fängt es an sich zu stauen da oben bei den Kelchblättern. Ganz interessant! Und da wächst die Blüte dann raus. Später… also bei den Blütenpflanzen - die Blütenpflanzen waren ja nicht die ersten, die auf der Erde waren, sondern vorher hat es Farne und solche Sachen gegeben, Schachtelhalme und dergleichen, das schafft noch nicht die Blüte. Die Blüte ist was ganz Interessantes. Und die hängt ja schon mit diesen Kelchblättern zusammen. Da deutet sich ein Prinzip ganz leise an, was man dann vor allem bei giftigen Pflanzen noch deutlicher sehen kann. Wenn man zum Beispiel so ein Mohnkapsel oder was nimmt, da bildet sich ein Hohlraum oben sogar. Also das heißt, da schließt sich das zusammen zu einem Hohlraum. Den gibt es sonst nicht in der Pflanze. Die Pflanze ist alles strahlig oder flächig. Also der Strahl, der Spross, die Seitensprossen und dann in die Blätter hinein. Da sind vielleicht auch noch Strahlen drinnen und dort verbreitet es sich. Also Linie und Fläche.

Beim Tier kommt was Neues dazu. Das Tier ist räumlich. Eigentlich abgeschlossenes räumliches Wesen bis zu einem gewissen Grad und kann auch dann mit seinen Beinen, mit seinen Gliedmaßen über die Erde sich bewegen, was die Pflanzen von selber nicht können. Es steckt bei ihnen was in der Erde drinnen. Aber das, wenn die Blütenbildung kommt, also wenn der nächste Evolutionssprung ist, also von den reinen urtümlichen Farnpflanzen zu den Blütenpflanzen - im Übrigen zur gleichen Zeit entstehen auf der Erde die Säugetiere. Vorher gab es die wechselwarmen Tiere noch. Also die Saurier waren schon im Aussterben oder waren schon ausgestorben. Die haben gelebt noch in den Farnen-Wäldern und in den Schachtelhalmen, Gewächsen da drinnen. Unsere modernen Bäume, unsere modernen…  modernen - das ist jetzt auch schon 500 Millionen Jahre her, nach der Wissenschaft, also es war nicht gestern, aber schon… schon trotzdem eigentlich eine Spätphase der Entwicklung im Grunde, wo die Blütenpflanzen kommen und zugleich die Säugetiere.

Prinzipien, die beim Menschen in ausgewogener Form vorhanden sind, findet man bei den Tieren immer einseitig. Deshalb können Tiere alles, worauf sie spezialisiert sind, besser als der Mensch 0:16:09

Jetzt dieses tierische Prinzip, einen geschlossenen Raum zu bilden und da immer mehr zu verinnerlichen drinnen, wo das in einer hohen Perfektion weiterentwickelt wird. Vorher hatte man zum Beispiel wechselwarme Tiere, das heißt, die haben die Wärme bekommen von außen. Die Säugetiere insbesondere, da ist ganz stark entwickelt, dass sie die Wärme in sich entwickeln - in sich. Das heißt, sie sind ja relativ unabhängig von der Temperatur, die von außen kommt. Wenn sie nicht genug Wärme erzeugen können, dann gibt es eventuell im Winter den Winterschlaf oder so, dann fahren sie ganz die Körpertemperatur runter. Gerade so minimal, dass sie mit dem wenigen, was sie an Nahrungsreserven in sich noch tragen, also was abgelagert ist im Körper, dass sie von dem durchkommen – Pulsschlag, Kreislauf, ist alles reduziert. Temperatur ist reduziert und doch sie erfrieren nicht. Also es besteht nicht die Gefahr des Erfrierens. Aber je mehr es Richtung Mensch hingeht, desto mehr ist diese Verinnerlichung. Verinnerlichung dessen, was vorher von außen gekommen ist. Der Mensch ist  der, der - ja, jetzt wollte ich sagen, der aus der Natur hervorgetreten ist, also eine Natur für sich.

Ich könnte es aber auch ganz anders schildern. Und da gibt ja Rudolf Steiner so deutliche Hinweise. Und eigentlich, wenn man die Natur, sei es die Pflanzen, aber vor allem die Tiere betrachtet, in diesem Zusammenhang sieht, dass bei Tieren - also bei den Säugetieren ist es besonders deutlich, aber es gilt in Wahrheit auch für die niederen Tiere - was bei Menschen in ausgewogener Form vorhanden ist, oben das Kopfprinzip, das Sinnesprinzip, wo man ganz in den Sinnen drinnen ist, das mittlere rhythmische Prinzip, Atmung, Pulsschlag, also Herzschlag, Kreislauf und dann das Verdauungsprinzip - bei den Tieren findet man das immer einseitig. Der Mensch hat das in der größtmöglichen Harmonie. Also es gibt kein Tier, bei dem das so ausgeglichen ist zwischen Kopfprinzip, mittlerem Prinzip und Stoffwechsel-Gliedmaßen-Prinzip. Wir sind dadurch den Tieren gegenüber jeder einzelnen Tiergattung in gewisser Weise im Nachteil. Die Tiere können alles das, worauf sie spezialisiert sind, besser als der Mensch. Wir sind eigentlich die Ungeschicktesten in Wahrheit. Daher müssen wir uns auch Werkzeuge machen. Daher müssen wir auch, oder deswegen können wir auch Kunst entwickeln.

Tiere -  Kunst machen sie nicht! Sie gebrauchen vielleicht sogar einfache Werkzeuge, die sie aber nicht herstellen, sondern das Maximum selbst bei den Affen oder so ist, dass sie einen Stock oder Steine oder etwas als Werkzeug gebrauchen können. Aber selber formen, selber sie gestalten tun sie nicht. Dafür haben sie ihre Klauen, ihre Zähne - Zähne von so einem Affen, die sind gefährlich, muss man aufpassen. Also ein Schimpanse oder sowas… möchte ich nicht, dass der zubeißt, da sind wir schwach, schwach dagegen. Also man könnte sagen, die Natur hat eigentlich auf Millionen verschiedene Tierarten verteilt das, was der Mensch in sich hat, alles in sich vereinigt hat.

Geistig gesehen könnte man sagen, der Mensch als geistiges Prinzip steht ganz am Anfang und er setzt nach und nach zum Beispiel die einzelnen Tierformen aus sich heraus. Und daher kann man alle Tiere - und das hat Goethe eben auch in seiner Metamorphosen-Lehre sehr schön beschrieben - und daher eigentlich einer der ersten gewesen ist. Na, natürlich besteht eine Verwandtschaft zwischen Mensch und Tier, ganz klar, kein Unterschied! Dagegen haben alle noch gewettert damals. Der Goethe war einer der ersten, der das gesagt hat. Und es gab dann so eine irrwitzige Theorie: Naja, die Tiere haben einen Zwischen-Kieferknochen. Das ist also da ein Knochen drinnen, wo die vorderen Schneidezähne drauf sitzen. Und der Mensch habe das nicht und das sei der Unterschied! Da hat der Goethe gesagt, das ist ein Blödsinn! Also an dem… dadurch unterscheidet sich der Mensch sicher nicht wesentlich. Und er hat dann sogar nachgewiesen, weil er halt genug Schädel studiert hat, dass der Mensch sehr wohl auch in Wahrheit den Zwischen-Kieferknochen hat, nur dass er normalerweise so stark verwachsen ist, dass man das nicht wirklich bemerkt.

Also der Mensch zeichnet sich nicht durch irgendeine organische Einzelheit aus, nicht einmal dadurch, dass das Gehirn so groß ist. Weil es gibt Tiere, die viel größere Gehirne haben als der Mensch. Also Delfine zum Beispiel haben im Durchschnitt größere Gehirne als der Mensch, Elefanten sowieso. Das heißt trotzdem noch nicht, dass sie wie wir Menschen denken. Die Größe des Gehirns macht es nicht aus. Übrigens im Alter gibt es ja manchmal die Erscheinung, also heute immer mehr, also Alzheimer-Erkrankung und dergleichen, wo es eine Degeneration im Gehirn stattfindet, die wirklich zusammenhängt bis zu einem gewissen Grad mit Abbauprozessen, die im Gehirn überhandnehmen.

Die Wahrnehmung des Menschen hat sich im Laufe der Evolution verändert. Menschen im Zeitalter der Verstandesseele nahmen anders wahr als wir heute im Zeitalter der Bewusstseinsseele 0:22:34

Nebensatz dazu: Dass wir überhaupt denken können, dass wir so wachbewusste Menschen sein können, so ganz auf die Sinneswelt heute konzentriert sein können, was wir eigentlich eben - haben wir eh vorhin gehört - erst in unserem Bewusstseinszeitalter in dieser starken Form gelernt haben, das konnten die Griechen noch nicht. Das hat begonnen… das hat begonnen interessanterweise noch vor Beginn des Bewusstseinsseelen-Zeitalters sehr stark in Asien drüben, also in Arabien, in Persien drüben. Dort haben gerade arabische Denker und Forscher… Denker waren ja die Griechen schon sehr stark. Sie haben auch schon ein bisschen eine äußere Welt beobachtet, durchaus. Aber viel genialer waren dann die Araber. Ich meine im Grunde, dass wir die Naturwissenschaft heute haben, haben wir von ihnen, auf direktem oder indirektem Weg. Also der indirekte Weg ist, dass die Schriften eben einfach dann auch nach Europa gekommen sind. Der direkte Weg ist, dass viele Wissenschaftler, ja, möchte man sagen, wirklich Wissenschaftler schon fast im modernen Sinn, Denker, aber auch  Herrscher der damaligen Zeit sich einfach dann später wieder verkörpert haben - hier dürfen wir ja von Wiederverkörperung ganz offen sprechen - dass die hier wieder verkörpert wurden und dann gerade zum Beispiel in den Wissenschaften sehr stark tätig waren und teilweise noch sind. Aber sie kommen von dort her. Weil dort schon ein gewisser Vorgriff auf die Bewusstseinsseele in einer sehr einseitigen Form da war, verfrüht in gewisser Weise sogar.

Also das heißt, der Mensch aber jedenfalls ist der, der erstmal so auch ganz bewusst in die Sinne hinausgehen kann und sich von der Welt trennen kann. Kein Tier kann sich so distanzieren von der Welt. Und damit erlebt der Mensch auch die Welt anders als die Tiere. Das heißt, so einfach zu sagen: Na ja, so wie wir die Welt sehen, so ist sie. So ist sie für ein Wesen, wie den Menschen. Für andere Wesen schaut sie anders aus. Oder sie schaut vielleicht gar nicht aus?

Engel haben wohl einen physischen Leib, aber der ist für uns nicht sichtbar. Was wir als Flügel sehen, ist die Gedankenbewegung des Engels, der damit in Wahrheit unser Schicksal denkt 0:24:58

Zwischenfrage: Wie schaut ein Engel aus? Es gibt auch geistige Wesen, die höher stehen als der Mensch. Das sind im Übrigen die vorgezogenen Geister, von denen der Schiller hier spricht, die eben auch die Kunst nicht haben. Die haben auch nicht unsere Sinneswahrnehmung. Aber ich frag es... ich stell wirklich die Frage, wie schaut ein Engel aus? Naja, man wird leicht eine Antwort geben können: Ja, in der bildenden Kunst, da gibt es eh so viele Abbildungen, da ist ja ganz genau geschildert, ist ja genau aufgemalt, also jedenfalls irgendwie mit Flügeln und wahrscheinlich flattern sie ein bisschen über den Boden, und meistens sind sie, wenn man der Bibel folgt, also so, dass sie sehr erschreckend sind. Weil immer steht in der Bibel: Fürchte dich nicht! Also das heißt, es muss eine sehr eindrucksvolle, sehr gewaltige, gewaltige, kräftige Erscheinung sein. Aber wie schaut ein Engel aus? Schaut ein Engel aus wie ein Mensch, nur mit Flügeln? Nein, nein! Es haben zwar auch Engel einen physischen Leib, aber der ist nicht sichtbar, der ist sinnlich nicht sichtbar. Und das heißt, ein Engel schaut in Wahrheit gar nicht aus, er ist kein räumliches Wesen.

Das war ja so der alte scholastische Streit: Wie viele Engel können auf einer Nadelspitze sitzen? Die einen sagen, na, gar keiner, denn es ist ja kein räumliches Wesen. Die anderen sagen, na, unendlich viele, weil er ist ja punktförmig, dann ist er auch nicht da eigentlich. Also das heißt, sie haben keine räumliche Gestalt. Das heißt aber, wenn wir trotzdem es erleben, in der Geistesschau zum Beispiel - und in der Bibel wird es ja immer so geschildert, also im Grunde, dass er wie eine menschliche Gestalt erscheint - und das hat insofern etwas Berechtigtes, weil wir müssen ein Bild schaffen, wir schaffen das Bild des Engels. Wir sind der Künstler, der das schafft. Das heißt, wenn in der Bibel oder in anderen

heiligen Schriften ein Engel, eine Engelerscheinung geschildert wird und man den Eindruck hat, das ist jetzt wie ein gewaltiger Mensch mit Flügel von mir aus, oder 4 Flügel oder 6 Flügel, wie auch immer, dann ist es ein Bild, das wir malen, auch wenn es geistig geschaut ist. Weil wenn wir es übersinnlich schauen, dann müssen wir alles wegstreichen, was unsere Sinnesqualitäten sind - Farben Formen, das müssen wir alles wegradieren, weil es ist sinnlich. Es ist nur ein Ausdrucksmittel, es ist nur ein Ausdrucksmittel. Daher kommt so oft auch das Missverständnis: Ja, wenn ich jetzt Geistesschulung betreibe, dann werde ich irgendwann die Aura um die Menschen sehen, die Aura, die um die Blüte sich bewegt. Und dann warte ich darauf, wann endlich da jetzt die bunten Farben erscheinen werden und strahlen und leuchten und blinken und flackern werden.

Wenn ich Hellseher alten Schlages bin, wie es in Urzeiten eigentlich war, wo sich aus einem rein geistigen Schauen, wo gar noch nichts Sinnliches war, das Erleben langsam umgewandelt hat in ein übersinnlich-sinnliches Erleben - das heißt, wo schon die Augen nach außen geöffnet waren, aber noch ein starkes geistiges Erleben war - da beginnt die Phase, wo sich die eigentlich völlig übersinnlichen Erfahrungen in sinnliche Qualitäten zu kleiden beginnen. Das heißt, man darf nicht verwechseln, das Bild, das man schaut, auch hellsichtig schaut oder im Imaginativen schaut, dass man sagt: Ja, jetzt habe ich da den Engel so gesehen, ich habe ihn gemalt. Ich habe ihn gemalt und trotzdem ist er in Realität da. Nur er ist nicht weder sinnlich noch körperlich noch räumlich da, sondern es ist eine geistige Berührung, die ich spüre. Und wenn ich alter Hellseher bin, also so, wie es die Propheten waren, dann setzt sich das sofort um in dieses Bild, das halt geschildert wird, also der Mensch mit den Flügeln. Die Flügel sind was sehr Wichtiges. Nicht weil man fliegen kann, sondern weil er eigentlich mit den Flügeln denkt, die er aber im räumlichen Sinn gar nicht hat.

Aber das heißt, das ist… was wir als Flügel sehen, sind Ausdruck der Gedankenbewegung… und die Gedanken sind auch nicht so, wie wir sie erleben. Aber lassen wir das einmal - der Gedankenbewegung des Engels, der damit in Wahrheit unser Schicksal denkt, so wie wir selber auch mit unseren Armbewegungen. Wenn wir so die ganzen Bewegungen, die wir im Leben machen mit den Armen, dann machen wir eigentlich… und das alles übereinander lagern würden, hätten wir auch alle Flügel, würden wir im Bild auch die Flügel haben. Mit den Bewegungen der Hände namentlich, also dort, wo es um Seelenbewegungen geht, also weniger jetzt dort, wo wir ein Werkzeug ergreifen und hämmern, aber auch bis zu einem gewissen Grad, aber noch mehr bei dem, wo die Hände, die Arme Ausdruck des Seelischen sind. Damit denken wir selber unser Karma, unser Schicksal. Das sind die Organe dafür, die Bewegungen dafür.

Und das heißt, wenn so ein alter Prophet oder so, den Engel erlebt, mit seinen Flügeln erlebt, dann erlebt er, wie dieser Engel in seinen Flügelbewegungen, na ja, sagen wir mal vom Karma der Menschheit oder vom Karma seines Volkes, des hebräischen Volkes spricht, denkt eigentlich, er denkt dieses Karma da drin. Und das spürt, das spürt er geistig Wahrnehmende. Das liegt da drinnen, das übersetzt er dann, wenn er diese Sprache sozusagen der Flügelbewegungen versteht, das übersetzt er dann in die Worte, die in die Texte der heiligen Schriften hineinkommen. Aber in Wahrheit ohne dass er sich dessen bewusst ist. Also bei den alten Hellsehern, bei den Propheten ist es eben noch so, dass er sich nicht bewusst ist, dass er aber dieses Bild, das er erlebt, sich an der geistigen Realität selber malt. Das ist ganz wichtig.

Weil wir glauben immer, gut - also wenn jetzt wer Geistesschulung macht und irgendwann geht ihm das geistige Auge auf und dann geht so -Bing! und dann seh ich jetzt die Engerl flattern oder die Teuferl und die sind… oder sowas, so wie wir die äußere Welt erleben im Grunde. So ist es nicht! Das sind Bilder, die wir selber malen. Das Wichtige ist, dass wir die geistige Berührung mit dem anderen Wesen haben. Und das heißt, wir spüren etwas im Seelischen zunächst, sagen wir es einmal, eine bestimmte Seelenstimmung, eine seelische Berührung, so wie wir es spüren können die seelische Berührung mit den anderen geistigen Wesen, die um uns sitzen, den Mitmenschen. Da haben wir es leicht, weil da sitzt für uns sinnlich sichtbar etwas. Aber die Engel sitzen zwischen uns auch, sie sind da. Und es sind Menschen da, die nicht da sind, sondern halt in anderen Sphären sind, die halt schon über die Schwelle gegangen sind, die sind auch hier, aber nicht räumlich, sondern geistig sind sie hier.

Und wenn wir sie erleben wollen, dann muss ich so empfindsam werden, so einmal das sinnliche Äußere ausschalten können, dass ich die Gegenwart merke. Und zu einem wirklichen Schauen kann es dann kommen, wenn ich ihn malen kann. Ich male ihn. Ist ganz interessant, dass solche Erlebnisse sehr deutlich geschildert hat ein Physiker, der hat mit Anthroposophie gar nichts zu tun gehabt, überhaupt nichts. Er hat nur erlebt immer wieder die Begegnung mit dem Geist der Materie. Das war jedenfalls die… das Hauptsächliche immer. Im Aufwachtraum, er hat es in der Nacht oft erlebt und hat das mitgenommen. Das war ganz intensiv. Und er war immer, wie soll ich sagen, in einer Kampfsituation mit dem Geist der Materie. Und er war sich aber eben ganz klar bewusst diese Bilder, ja, die steigen aus meiner Seele auf. Die Bilder male ich mir. Aber was ich male, was der Auslöser dazu ist, das ist geistig real, der Materie liegt es zugrunde, der Geist der Materie. Ja wir würden anthroposophisch sagen: Der Herr Ahriman, dem man begegnet.

Und er konnte sich das aber wirklich bis zum bewussten Erleben bilden und eben er spricht vom malenden Schauen geistiger Bilder, vom malenden Schauen geistiger Bilder. Und das ist, wenn man es bewusst tut, das heißt, wenn es… wenn es nicht so einfach passiert – also ich habe einen Schulungsweg gemacht und irgendwann wache ich auch. In der Nacht erlebe ich das und das und dann bei Tag plötzlich, Aura oder sonst irgendwas. Dann bin ich ein alter Hellseher! Dann kriege ich es nicht bewusst mit, heute brauche ich die volle Besonnenheit. Ich brauche nur die Feinfühligkeit, die Sinnlichkeit einmal auszuschalten, ganz mich zu konzentrieren. Welche Stimmung kommt mir da entgegen, welche… einmal anschauen, das Äußere. Wie spricht die Blume zu mir? Das heißt, wie spricht sie, welche seelische Bewegung entsteht in mir drin? Das ist zunächst was ganz Feines. Im Vergleich zu dem Sinneseindruck ist es was ganz Feines.

Ein moderner geistig Schauender kann aufgrund einer seelischen Berührung im Bewusstsein ein seelisches Bild malen, bei dem er ganz wach mit klarem Denken dabei ist 0:36:30

Aber jede Pflanze, jedes… beim Tier ist es natürlich noch leichter und bei anderen Menschen ist es noch leichter, dass man spürt, also diese seelische Berührung. Und dann muss ich sozusagen die Augen zu machen, alles Sinnliche weg tun und selber aus der Stimmung heraus beginnen, aber jetzt gar nicht am Papier oder auf der Leinwand, sondern im Bewusstsein, in meiner Seele zu malen, ein seelisches Bild zu malen. Das ist also zumindest das, was heute ein geistig Schauender erleben kann, wenn er eben ein moderner geistig Schauender ist, der auch ein klares Denken entwickelt hat. Rudolf Steiner schildert das sehr deutlich, wie ein großer Unterschied ist zwischen Hellsehern, die jetzt das Denken nicht besonders ausgebildet haben und solchen, die starke Denker sind, klare Denker auch sind.

Bei dem, der naturgemäß ohne klares Denken, also halt nur mit so Alltagsdenken schaut, bei dem springt das Bild eben quasi vor Augen. Er kriegt gar nicht mit, dass er selber malt. Bei dem, der ganz wach dabei ist bei dem Aufbauen des Bildes ist es so, dass er zuerst einmal die Berührung mit dem geistigen Wesen hat. Dann gehen… vergehen, vielleicht sogar ein paar Tage, bis er das Bild überhaupt erst selber schaffen kann. Das ist aber jetzt nicht so, dass er etwas konstruiert, sondern es entsteht. Er weiß nicht vorher, was entstehen wird. Aber langsam ist es… breitet es sich aus wie ein Panorama vor ihm, könnte man sagen. Und da tauchen Farben auf, da tauchen Formen auf, die das jetzt zum Ausdruck bringen, was er  in diesem seelisch-geistigen Erlebnis hatte.

Diese seelisch-geistige Erlebnis ist eigentlich ein intuitives. Das heißt, er hat sich wirklich verbunden damit, er ist eingetaucht dort drinnen. Nur gerade in der Intuition gehen wir in Wahrheit in den Willensbereich hinein. Und im Willen schlafen wir. Weil Intuition heißt, ich versenke mich so hinein, dass ich Pflanze, Blüte werde. Wenn ich mich intuitiv in einen anderen Menschen versetze, mich mit ihm verbinde, wie es eigentlich bei jedem guten Gespräch immer wieder sein sollte, dann werde ich dieser andere Mensch und mich vergesse ich komplett dabei. Also jede soziale Kommunikation beruht eigentlich darauf, dass man sich verliert im anderen Menschen, aber dann wieder zu sich kommt und etwas mitnimmt und in dem Übergang kann ich erwachen für das, was im anderen war. Und die fruchtbarsten Gespräche, der fruchtbarste soziale Austausch ist, wo diese Hingabe vollkommen ist, dass ich wirklich bereit bin, mich loszulassen und dann wieder ganz zu mir zu kommen. Und auf dem Weg zu dem wieder ganz zu mir kommen, erlebe ich, weiß ich, spüre ich, was den anderen wirklich bewegt.

Das wird für die Zukunft unheimlich wichtig sein für das soziale Leben. Weil was wir heute haben, ist Missverständnisse über Missverständnisse. Der eine sagt was, der andere hört was und denkt sich jetzt, was hat denn der gemeint damit? Und in 99% versteht er es falsch. Vor allem dort, wo es um zarte seelische Dinge geht. Wo es um etwas Äußeres geht, kann man sich noch verständigen: Also stehen jetzt Blumen da, oder nicht? Ja, da werden wir uns wahrscheinlich alle einigen können. Aber was so feine Untertöne sind, also vor allem, was den anderen innerlich bewegt, das in Worte zu fassen, die dann auch vom anderen richtig aufgefasst werden - das ist wahnsinnig schwer. Weil da muss ich eigentlich durch die Worte hindurch hören. Ich muss in seine Seele eintauchen in Wahrheit. Ich muss das, was er spricht, in mir selber sprechen, sozusagen. Ich musste den Willensimpuls, der vom anderen ausgeht, in mir spüren. Oder ich mich in ihm spüren. Sagen wir es besser so.

Auch das lässt sich aber weiter steigern, wenn man das immer bewusster sich machen kann, was man in dem anderen erlebt hat. Dann kommt so ein Weg, wo man zum Beispiel mitkriegt, ja, in einer früheren Inkarnation sind wir in der und der Beziehung zueinandergestanden. Wir hatten eine Begegnung und die… das ist nicht auch wieder nicht gleich so: Warte, ich kann dir jetzt genau sagen, der Ort, das Datum, zu dem Zeitpunkt und da ist genau das passiert. Sondern es fängt langsam an, es fängt langsam an, dass man spürt, da ist etwas Gemeinsames, wir kennen einander. Genau diese, ja wie soll ich sagen, Willenssignatur, die mir vom anderen entgegenkommt, mit der war ich schon früher zusammen. Und mit der Zeit kann man dann darauf kommen, wo etwa, wann etwa war das? Weil in Wahrheit kann man ja äußerlich nicht hineinschauen. Also selbst wenn man jetzt schildert - Rudolf Steiner schildert das so schön in den Mysterien-Dramen, da schildert er wirklich dann äußere Situationen im früheren Leben, die wirklich genau in ein sinnliches Bild gefasst sind. So erlebt man es eigentlich, wenn man es als moderner Hellseher erlebt hat - oder als moderner Geistesforscher würde mir besser gefallen, weil das Wort Hellseher ist heute so fürchterlich anstößig und missbraucht und wird meistens für Scharlatanerie verwendet.

Die Kunst als Vorbereitung für das malende Schauen innerer Bilder 0:42:47

Es ist einfach, man müsste es nennen, ein imaginatives Schauen, das zugleich ein imaginatives Denken und ein zugleich ein imaginatives Gestalten ist, malen ist. Unser Thema ist ja eigentlich die Kunst. Die Kunst bereitet nämlich darauf vor. Wir brauchen sie und wir gehen jetzt langsam in ein Zeitalter über, wo wir vom Naturalismus, also gerade 19. Jahrhundert, 18. Jahrhundert - ist ja eigentlich alles sehr stark in den Naturalismus gegangen. Überhaupt seit Beginn der Neuzeit. Vorher war die Kunst anders. Schaut euch mittelalterliche Bilder an! Das ist keine naturalistische Abbildung! Größenverhältnisse, keine Perspektive gibt es, es gibt keine räumlichen Bilder, wo es größer ist. Ist es näher? Nein, eigentlich nicht, es ist nur größer gemalt, weil es bedeutender ist. Es ist flächenhaft. Braucht man sich nur die mittelalterlichen Gemälde teilweise also anschauen, die Buchmalereien danach und solche Dinge. Also erst so richtig kommt es… kommt es in der Neuzeit.

Auch interessanterweise bei den Griechen könnte man denken, na ja, die haben aber… die waren schon ganz sinnesfroh, wenn man diese Statuen sich anschaut. Phaa! Wie müssen die… was müssen die für Modelle, für Models geradezu gehabt haben, nach denen sie das gemacht haben! Gar nicht! Sie haben es nicht nach Modellen gemacht, sondern sie haben die Idealgestalt des Menschen innerlich erlebt. Das heißt, sie haben in ihren Lebenskräften in Wahrheit die formenden Kräfte erlebt, die diese Idealgestalt ausmachen in ihrer Reinheit. Das heißt, es hat überhaupt nichts damit zu tun gehabt, dass sie hinschauen. Das beginnt ein bisschen dann schon im Hellenismus, fängt es an. Aber so in der Blütezeit, in der wirklichen klassischen Zeit ist es ganz von innen erlebt.

Das heißt, er fühlt die Menschengestalt. Der Künstler, der Plastiker, der Skulpteur erlebt die Gestalt in sich. Es ist eigentlich, ja, ein nicht sinnliches Erleben, aber an der Grenze zum Sinnlichen. Er kann es daraus gestalten, er spürt die Lebenskräfte, die das gestalten. Und die Bildekräfte, das… gerade die, die die alten… ich sag jetzt mal alten Künste, so die bildenden Künste überhaupt, also die gestalten, da spielt also das Ätherische eine große Rolle. Es kommt dann bei der Malerei das Farbige dazu, das sind also gewisse Seelenkräfte, die mitspielen. Weil auch, was wir als sinnliche Farbe erleben, damit hat sich ja Goethe auch sehr intensiv damit beschäftigt in seiner Farbenlehre: Er spricht von der sinnlich-sittlichen Wirkung der Farben. Was meint er damit? Man könnte anders sagen: Sinnlich, Übersinnlich. Sittlich heißt nicht, du darfst nicht, oder irgend so ein Moralregel. Das ist damit überhaupt nicht gemeint, sondern er erlebt mit der Farbe, mit der sinnlichen Farbe auch den übersinnlichen Anteil daran.

Das ist die beste Vorbereitung darauf, auch wenn kein sinnlicher Eindruck da ist. Aber sehr wohl ein geistiges Wesen da ist, das halt auch was Astralisches, was Seelisches hat. Ha? Jetzt erlebe ich diesen Seeleneindruck! Und jetzt beginne ich, ihn zu malen. Und dann male ich ihn, eben die Farben der Aura zum Beispiel des Wesens, dem ich begegne. Aber es ist zuerst die seelische Berührung da. Das ist für uns noch so schwer. Aber gerade die Kunst weist uns darauf hin, dass sie eigentlich immer mehr tendiert, wegzugehen vom reinen Abbilden des Sinnlichen draußen.

Also gerade die moderne Kunst ist oft… es sind ja nur oft Bewegungsspuren von irgendwas drinnen. Und die Bewegungsspuren sind was Seelisches. Und die Spur wird festgehalten. Aber es ist eigentlich nichts Sinnliches mehr. Das heißt, es ist der Versuch, heranzukommen an die übersinnlichen Qualitäten. Also die Kunst steht - zum Teil zumindest, nicht alle Künstler natürlich - aber dort, wo sie wirklich an der Spitze ist, geht es darum, das Übersinnliche zu erleben und in einem Sinnlichen halt dann wirklich das in ein Bild zu bringen, dass die Dynamik auch zum Ausdruck bringt, die drinnen ist. Ich meine, solche Versuche hat Kandinsky schon gemacht in seinen ganzen Kompositionen, wo man sich denkt, ja, das ist eine sehr abstrakte Kunst. Was soll denn das darstellen? Es stellt teilweise sehr konkret seelisch geistige Erlebnisse dar, die er jetzt versucht in Formen zu bringen. Und bewusst aber schaut, dass sie ja nicht verwechselt werden mit äußeren Gegenständen! Das ist drinnen tatsächlich bei den Schütt-Bildern von Jackson Pollock, oder was drinnen. Da, da lebt zumindest der ganze Ausdruck der Dynamik der Emotionen, aus der heraus er einfach Farbe schüttet aufs Bild. Und man denkt sich – pfft - Farbe hinschütten, das kann ein jeder. Aber es hängt davon ab, was erlebe ich seelisch? Habe ich eine seelisch-geistige Begegnung, aus der ich schütte oder nicht?

Also Kunst ist… bei den Griechen war Kunst ganz Kunsthandwerk eigentlich. Und man sagt ja, Kunst kommt vom Können. Heute merkt man teilweise stark - und das ist auch nicht zufällig - dass es mit handwerklichem Können eigentlich gar nichts mehr zu tun hat. Es gibt Künstler, die wunderbar… die können auch wie alte Meister malen und sonstiges. Es gibt aber andere, die können das überhaupt nicht. Die machen nur ein paar Krixi-Kraxi hin. Man sagt, kann ja jeder machen kann, kann ein Affe auch machen. Ja, ein Affe malt tatsächlich auch aus seinen Emotionen heraus und die malt er wirklich richtig hin. Also sie können wirklich malen, sie malen halt nur Ausdruck dessen, was sie gerade erleben. Also nach welchen Farben… das ist nicht nur zufällig, sondern die… sie erleben was dabei, das heißt, sie machen eigentlich ein Selbstportrait. Ein Selbstporträt ihrer momentanen seelischen Stimmung, das machen sie. Was ja… oft lässt man Geisteskranke oder so malen so was, weil sie Ausdruck dann ihrer Stimmung geben und das kann auch einen heilenden Effekt haben. Weil indem ich es aus mir heraussetze, werde ich es los bis zu einem gewissen Grad. Wenn ich es objektivieren kann.

Die gegenwärtige moderne Kunst ist bereits auf dem Weg, uns hinzuführen vom Sinnlichen zu einem übersinnlichen Erleben. Die Fähigkeit dazu müssen wir bewusst erlernen 0:50:52

Also das heißt, die Kunst unseres Jahrhunderts, unseres 21. Jahrhunderts, aber schon beginnend natürlich ganz stark im 20. Jahrhundert ist auf ihrem wirklich fortschrittlichsten Teil auf dem Weg, uns hinzuführen vom Sinnlichen zu einem übersinnlichen Erleben. Und so, dass wir dorthin kommen, dass es, ja in den nächsten 100, 150, 200 Jahren selbstverständlich sein wird, dass Menschen geistig malen können, seelisch, geistig malen können, das heißt auf moderne Art hellsichtig sind, nichts anderes. Wir denken uns immer: Das ist so… ja, da gibt es vielleicht 10 auf der Erde, die… und denen müssen wir zuschauen.

Wir sind auf dem Sprung dorthin und deswegen ist ja Rudolf Steiner damit an die Öffentlichkeit gegangen. Es kommt auf uns alle zu und wir sind so einen Millimeter weg davon! Nur, es wird uns nicht einfach über Nacht überfallen, sondern es ist - und das ist das Gesündeste - wenn es uns nicht überfällt, sondern wenn wir uns die Fähigkeit erlernen, geistig schauend zu malen. Zu malen ist jetzt nur Beispiel, genauso zu komponieren, Musik. In der Musik ist das auch sehr stark, also es gilt für alles. Geistig zuzuhören… aber es geistig zu hören, ist ganz was anderes. Das ist… da höre ich nicht jetzt im Geistigen wie Radiomusik oder irgendwas oder auch nicht die Philharmoniker oder so. Alles das nicht. Aber ich höre die Harmonien, die zwischen geistigen Wesen da sind. Auch die Disharmonien, die da sind. Die Sphärenharmonien! Die Sphärenharmonien sind eigentlich, ja, ein gutes Auskommen der Geister miteinander, manchmal ein schlechteres. Es gibt auch Dissonanzen, es gibt Konsonanzen, alles Mögliche. Nur wenn man es geistig erlebt, ist das eben ein rein seelisches Erlebnis. Ich kann es aber dann auch in Musik umsetzen unter Umständen. Es wird in Zukunft auch bewusster werden.

Da am Ende der urpersischen Zeit in einem sehr kurzen Zeitraum die alte Hellsichtigkeit der Menschen verschwand, entstanden in der ägyptischen Zeit die Einweihungswege, um noch zu einem geistigen Schauen zu kommen 0:53:34

Weil es soll ja eine weite Übergangsphase sein. Wir sollen ja nicht die Erde verlieren, wir sollen was dazu gewinnen. Wir haben, um die Erde zu gewinnen… haben wir etwa ab der Zeit, also Ende der urpersischen Zeit, noch kurz vor Beginn der ägyptischen Zeit… ist es eigentlich so, dass in einer dramatisch kurzen Zeit ein Großteil der Menschheit jede Art von alter Hellsichtigkeit verloren hat. Es ist weg! Es wird geschildert wie ein geistiges Ertrinken. Innerhalb von Wochen, von wenigen Wochen ist es weggespült worden für 99% der Menschheit. Es hat sich noch etwas gehalten, aber weniges.

Und daher beginnt mit der ägyptischen Zeit so richtig… beginnen die Einweihungswege, um wieder zu einem geistigen Schauen zu kommen. Das heißt, man konnte es noch aufwecken. Man konnte es aber nur mehr dadurch aufwecken, dass der Mensch an die Schwelle des Todes gebracht wurde, tatsächlich! Das ist das ganz starke bei der ägyptischen Einweihung. Also der Sarkophag für den Pharao war eigentlich in Wahrheit gedacht als es sein dreitägiges Grab während der Einweihung. Und dann ist er natürlich später auch begraben worden dort. Aber ursprünglich sind es Einweihungsstätten und der Einzuweihende wurde an die Schwelle des Todes gebracht, weil während des Lebens konnte er nicht mehr hellsehen. Er konnte die geistige Welt nicht mehr sehen, die Sinnliche war zu stark. Also was muss ich tun, um das Sinnliche so stark wie möglich auszuschalten? Ich bring den Menschen an den Rand des Todes. Schlaf allein wäre zu wenig. Da kann man zwar interessante Träume haben, in denen auch viel Geistiges kommt, aber da komme ich nur bildlich gesprochen ein paar Millimeter weg von der Sinneswelt, da bin ich so ganz in den Anfangsbereichen der geistigen Welt.

Um ein bisserl höher raufzukommen, um zumindest von der Astralsphäre was mitzukriegen - also das heißt von den rein seelischen Wesen, die um uns sind, die in der Natur sind - was mitzukriegen, da muss ich schon, ja, an die Schwelle des Todes gehen. Dann bin ich stärker noch losgelöst und dort kann ich noch sehen. Oder konnte man damals noch sehen. Also eine sehr drastische Methode. Und die Einzuweihenden in Ägypten wurden auch sehr, sehr hart geschult, sehr hart geschult, mit sehr vielen interessanterweise körperlichen Prüfungen, die schon auf dem Weg bis zur Einweihung hin x-mal mit Todesgefahr verbunden waren. Und es sind auch manche gescheitert und sind halt dann gestorben auf dem Weg. Also es war kein sicherer Weg. Und vor allem in der spätägyptischen Zeit ist viel schiefgegangen. Selbst dann, wenn einer jetzt alle Prüfungen bestanden hatte, eben zum Beispiel durch die ganzen Irrgänge der Pyramiden im Stockfinsteren sich durchgearbeitet hat, die ganzen Fallen überwunden hat, die drinnen sind, die nämlich nicht gegen Grabräuber waren, sondern die waren für den Einzuweihenden gedacht.

Und wer das… nicht die nötige Stärke hat, dort durchzukommen nach entsprechender Vorbereitung, wenn er stirbt, ja dann zeigt er damit, dass er nicht würdig ist, die Einweihung zu erlangen. Also im Grund muss er durch diese ganzen Gänge durch bis in die Grabkammer und dort fand dann die Einweihung statt. Ob das jetzt die großen Pyramiden waren oder kleine, aber es war immer ähnlich das Prinzip. Und dann brauchte es die ganze Priesterschaft drumherum, die ihn halt also in diesen todesähnlichen Zustand versetzt hat, teilweise dann auch mit gewissen Drogen auch und unter den Einfluss… Und dann hat man eben die 3 Tage gewartet, in denen er da wirklich in einem todartigen Zustand war, aber noch gerade wiedererweckt werden konnte.  Und dann wacht er auf aus diesem Todesschlaf im Grunde.

Mit dem Beginn der Schrift ließ die Gedächtniskraft der Menschen nach 0:58:08

Also alles, wo in der Bibel steht zum Beispiel „Totenerweckung“, das ist eine Einweihung, nix anderes! Diese Totenerweckung ist möglich, wenn der Körper nicht beschädigt ist, weiters 3 Tage, nachdem der Tod sozusagen eintritt. Das ist das, was man bei den Einzuweihenden gemacht hat. Es ist wirklich im Grunde der Tod eingetreten in dem Sinn, dass der ganze Stoffwechsel, der Kreislauf auf ein absolutes Minimum heruntergeschraubt war, sodass nicht einmal irgendwie der Atemhauch den Spiegel beschlagen hätte so, wo alle Zeichen des Todes da waren. So weit musste das heruntergehen, dann konnte man sich seelisch genug lösen vom Körper, um im Übersinnlichen noch schauen zu können. Und dann kommt die Erweckung am dritten Tag mit dem Sonnenlicht, das durch die Pyramide halt dann genau dort zum richtigen Zeitpunkt hineinfällt und mit der Unterstützung der Priester. Und dann schildert er im Erwachen, was er eben nicht geträumt, sondern geschaut hat da drüben.

Und die Priesterschaft nimmt das auf, merkt sich das sozusagen, prägt sich das ein. Für den, der eingeweiht wurde, ist es sehr schnell weg im Grunde. Die Priesterschaft prägt sich es ein, das heißt die… und zwar wirklich bis auf den einzelnen Laut. Diese Gedächtniskraft hatten die Menschen damals noch, zumindest in der frühägyptischen Zeit. Später wurde auch das schwieriger, weil die Ägypter haben ja die Schrift erfunden. Also eine der ersten. Überall in der Welt zu der Zeit fängt das an. Und wenn man die Schrift entwickelt, warum tut man es? Weil das Gedächtnis nachlässt. Aus keinen anderen Gründen. Vorher brauchte man die Schrift nicht, weil für alles, was man sich erinnern musste, was man festhalten musste, an das konnte man sich erinnern. Das war so, weil man so intensiv die Erlebnisse hatte. Also die wichtigen Dinge, das war nicht - aha warte! Welche Zahl steht da? Aha, hab ich schon wieder vergessen! Nein, es war so eindrücklich, als wie wenn ich - weiß ich nicht - der glücklichste Tag meines Lebens, den werde ich auch nie vergessen, da wird irgendwas drinnen sein. Oder auch es kann ein ganz schlimmer Tag sein, den vergisst man nicht. Aber so konnte man teilweise noch bis in diese Zeit hinein alles Wesentliche sich merken. Und so ein Einweihungsvorgang ist natürlich was Wesentliches. Und die Priester haben, die ihn umringt haben und der jetzt erzählt hat, die haben jedes Wort wörtlich, jedes Wort, das der gesagt hat, aufgenommen und bewahrt in sich und später halt dann teilweise niedergeschrieben.

Wenn der Mensch nachts mit seinem Seelischen über die Schwelle geht, bleibt es über die Silberschnur mit dem Körper verbunden. Das wurde von vielen Kulturen imaginativ geschaut und daher ähnlich geschildert 1:01:50

Aber es kam halt dann die Zeit, in der spätägyptischen Zeit, wo das einfach nicht mehr funktioniert hat im Grunde. Man hat es immer wieder noch versucht, dann sind viele Einzuweihende einfach gestorben. Die sind halt nicht mehr aufgewacht, weil die Priesterschaft es nicht mehr geschafft hat, sie zu erwecken, auch nicht mehr den richtigen Moment gesehen hat. Also es gibt, was auch in der Bibel geschildert wird an einer Stelle: Wenn der Mensch mit seinem Seelischen über die Schwelle geht, also heraus geht eigentlich, was wir ja in der Nacht, jede Nacht tun, nur kriegen wir halt das Wichtigste davon gar noch nicht mit. Aber das Seelische geht nicht ganz weg, sondern es bleibt mit dem Körper verbunden. Und wenn man es imaginativ schaut, ist das was immer wieder von verschiedensten Kulturen sehr ähnlich geschildert wird, also die sogenannte Silberschnur. Das ist also eine Art Seelenkraft, die so da in den Bauch-Bereichen, in die Milzgegend hineinkommt und dort ist das Seelische noch verankert.

Wenn das… diese Verankerung nicht mehr da ist, wenn die Silberschnur reißt, dann ist es aus und dann gibt es auch keine Totenerweckung mehr. Unmöglich, nicht einmal der Christus könnte hätte jemand erwecken können, wo die Silberschnur gerissen ist! Und wenn die Verbindung noch da ist, dann ist es unter Umständen möglich, sofern der Körper noch nicht zerstört vielleicht ist oder irgend so was. Dann kann man auch nichts machen, aber solange diese Verbindung noch da ist, ist eine Erweckung möglich. Und die Einweihungspriester in der ägyptischen Zeit, die hatten eben die Aufgabe, das zu kontrollieren. Ist die Silberschnur noch stark genug? Es war zwar geplant, so am dritten Tage aufzuerwecken, dass wenn der Sonnenstrahl hereinkommt. Aber sie mussten sehr wachsam sein. Vielleicht reißt die Silberschnur schon früher? Das kündigt sich an, also das mussten sie hellsichtig sehen können und dann im Notfall sozusagen früher aufwecken.

Und in der spätägyptischen Zeit hat das einfach im Grunde nicht mehr funktioniert. Das heißt, es sind zunächst einmal etliche gestorben dabei. Beziehungsweise man hat es dann einfach gar nicht mehr in der strengen Art durchgeführt, weil man es nicht mehr gewagt hat und hat eigentlich nur mehr so getan als ob. Und im Übrigen das… das war… in ähnlicher Weise gab es das auch bei den Hebräern zum Beispiel. Die ja auch… ihr wisst „Auszug aus Ägypten“. Also sie waren ja in ägyptischer Gefangenschaft lange Zeit, sind von dort gekommen, haben viel von der ägyptischen Kultur aufgenommen. Da ist eine ganze Menge Mysterien-Tradition vom Ägyptischen, lebt im Hebräischen auch drinnen in Wahrheit. Und also gerade die tieferen Einweihungsmethoden, das steht halt so… in der Bibel steht es nicht wirklich drinnen. Es gibt schon Aufzeichnungen davon, aber die sind halt nicht so bekannt. Aber die sind durchaus in vielem angelehnt an das Ägyptische und bestanden eben auch darin, im Kern darin, einen Menschen 3 Tage in einen todesähnlichen Zustand zu versetzen. Nur zu Lebzeiten des Christus konnte das kein Mensch mehr!

Lazarus war der erste durch den Christus Eingeweihte. Seine Totenerweckung durch den Christus war ein großer Skandal, weil es zu jener Zeit keine regulären Einweihungen mehr durch Priester gab 1:05:56

Das heißt also, das Grundprinzip war bei den Hebräern dann dasselbe, nur es konnte keiner mehr, keiner mehr! Das heißt, es gab im Grunde die, es gab vielleicht noch Natur-Hellseher, die vereinzelt aber zu Christi Zeiten… auch da nicht mehr sehr viele. Die reguläre Einweihung gab es nicht. Und daher der Riesenskandal, dass der Christus die Totenerweckungen macht und insbesondere dann die Totenerweckung des Lazarus. Bei dem alle wussten - es steht ja in der Bibel eigentlich drinnen, weil er fährt… Der Lazarus ist schwer erkrankt, also er stirbt und die Jünger sagen, willst nicht hingehen? Und er sagt, nein, diese Krankheit ist nicht zum Tode. Und er bleibt zuhause. Er macht sich erst am übernächsten Tag eigentlich auf und kommt also im Grunde schon nach den dreieinhalb Tagen an erst. Also ganz spät. Er hat sich Zeit gelassen. Das heißt, die Gefahr, dass da die Silberschnur reißt und eine Erweckung nicht mehr möglich ist, war riesengroß. Aber der Christus hat es eben genau geschaut. Das heißt, er hat wirklich bei dem Johannes, das ist das ganz besondere an der Einweihung dieses Lazarus-Johannes, es ist nämlich in Wahrheit der Schreiber dann des Johannes-Evangeliums und der Apokalypse des Johannes, der durch diese Einweihung durchgegangen ist. Also der Größte derer in einer gewissen Weise, der durch den Christus selbst eingeweiht wurde, weil er von ihm erweckt wurde.

Und Lazarus ist aber aus eigener Kraft - es klingt jetzt komisch - in diesen todesähnlichen Zustand verfallen, auch was ganz Besonderes! Äußerlich wird man nichts Besonderes da finden…. ja, ein Jüngling, aber er ist eigentlich noch ein junger Mensch, aber er ist halt gestorben. Also äußerlich ist es gar nicht auffällig, aber er ist aus sich selbst heraus in diesen Zustand gekommen. Es hat ihn niemand versetzt, keine Priesterschaft stand herum. Sonst war das immer notwendig, dass da 12 Priester rundherum stehen und das Ganze einleiten, überwachen usw. Er fällt von sich aus in diesen todesähnlichen Zustand, einfach weil er den Christus so stark erlebt, das erschüttert ihn in Wahrheit so stark, dass halt sein seelisch-Geistiges sich löst und stärker löst als im normalen Schlaf, stärker löst selbst als bei einem Medium, wo es auch stärker gelöst ist, sondern wirklich so weit geht, dass es in einen todesartigen Zustand geht. Und der Christus wartet, ja, bildlich gesprochen bis zur letzten Minute. Das heißt, die Silberschnur ist schon am Verblassen. In dem Moment weckt er ihn auf und sagt:

„Lazarus, komm heraus!“

Und das heißt, damit hat er eine ganz besonders tiefe Einweihung erlebt, weil er so lange so intensiv in die seelisch geistige Welt schauen konnte und dann erst herausgeholt wurde.

Praktischer Teil/Sprachübungen: Es geht nicht um einen äußeren Inhalt, sondern darum, die Sprache zu erleben. Jeder Laut in Verbindung mit dem Nachbarlaut, jede soziale Gemeinschaft von Lauten in einem Wort drinnen ist eine Wesensgemeinschaft 1:09:28

Das ja… ich glaube, jetzt werden wir zu den Sprachübungen gehen. Die Kamera können wir lassen, weil ich bin eh im Großformat immer, danke!

Ja, ich hab hier Zettelchen. Kann man das bitte verteilen? Heute kriegen Sie alle einen Riesenkonvolut an Zetteln. Hast du genug? Die üblichen Verdächtigen sind das… Ja, jetzt… haben wir voriges Jahr auch schon gemacht. Ich weiß nicht, sind alle da vom vorigen Jahr schon? Wer war letztes Jahr da? Es werden genau dieselben Übungen sein, aber das schadet nichts, die Übungen wirken am besten, wenn man sie immer wieder macht. Ich mache sie seit 40 Jahren, fast täglich. Dann lernt man in die Sprache eintauchen. Weil die sind einfach… die Sprüche sind so genial! Da geht es nicht nur um den Inhalt. Es geht darum, wie die Laute miteinander verbunden sind. Er wählt Worte, die die Sprache nach vorne holen, nach hinten ziehen, sie hart machen, sie weich machen. Also… und dann lernt man auch im Übrigen auch eine tiefere, ja, die tiefere Ebene der Sprache kennen, wirklich erleben! Also es geht darum, nicht einfach einen äußeren Text zu erzählen bei den Übungen, sondern es geht um die einzelnen Laute, die drinnen sind, wirklich zu erleben. Also wenn, weiß nicht, wenn da ein -Sch -kommt, dann muss ich dieses - Sch- werden. Nicht einfach nur, ich sag – sch - das ist nichts. Sondern ich muss es erleben. Oder – Ffff - da muss ich mit der Luft mitfliegen, hinauffliegen hinausfliegen. Dann kommt man im Übrigen über die Sprache auch ins Geistige hinein, einfach durch das Sprechen, durch das Erleben, was seelisch- geistig drinnen steckt. Und zwar nicht im Gedankeninhalt, nicht im Gedankeninhalt! Nicht: Ahhh, das ist so schön, das ist so gescheit! Ja, soll auch sein! Aber jeder Laut in Verbindung mit dem Nachbarlaut, jede soziale Gemeinschaft von Lauten in einem Wort drinnen, das ist eine Wesensgemeinschaft!

Da steckt das Geistige drinnen. Der Schiller hat immer gesagt, er hat eine Melodie gehört und dann sucht er sich einen Inhalt dazu, mit der… einen Inhalt dazu, indem er diese Melodie eigentlich fassen kann. Da geht es ihm nicht um den Inhalt, es geht ihm um die Melodie. Und die Geschichte ist das Äußerliche, weil er muss halt irgendwas niederschreiben. Er kann nicht nur a-a-a, bla-bla-bla schreiben, dann wird das kein Schillergedicht werden, sondern… erweckt es den Anschein der tiefsinnigen gedankenklaren Dichtung? Ist sie auch. Aber das Eigentliche ist es nicht. Das Eigentliche ist die unhörbare übersinnliche Harmonie, die er hört. Aus der dichtete er heraus. Und das… alles andere ist Übersetzung ins Äußere. Und es gibt so viel - bitte, man lernt es heute im Deutsch-Unterricht - und ich habe das in der Schule gehasst bis zum Geht-nicht-mehr: Gedichte interpretieren! Was wollte der Dichter damit sagen? Ist dieses Gedicht heute… natürlich, es kann uns auch heute noch etwas sagen. Ich hab mir gedacht, bitte, erzählt mir keinen Blödsinn! Also ich habe es gehasst bis zum Geht-nicht-mehr. Das ist ein Zerreden, ein… typisch Kopf-Menschen, wie wir heute sind! Wir müssen Herz-Menschen sein. Da! Da etwas spüren! Und dann der Kopf dazu. Weil wir haben das Kopfdenken entwickelt am Beobachten nach draußen. Jetzt müssen wir es entwickeln am Erleben des Inneren, in dieselbe Klarheit, in dieselbe Bewusstheit es heben.

Gut! Aber tun wir was, sonst rennt uns die Zeit davon! Machen wir bitte zum Einsprechen vielleicht… wenn Sie wollen, stehen Sie auf dabei. Dann kann man, kann man leichter sprechen, dann klingt es schöner. Wir sind im Übrigen dann die Säule, wie sie schon in der in der urpersischen Zeit da ist - die Aufrechte, das spüren! Also es ist schon für die Sprache ganz wichtig zu spüren, ich stehe fest auf der Erde, ich reiche mit dem Kopf hinauf in den Himmel, zwischen Himmel und Erde strecke ich mich. Ich bin der Lichtstrahl, der dem Lichtstrahl von oben entgegenkommt. Der geht durch. Das ist die Aufrechte, die Linie, von der wir gehört haben bei der Elisabeth. Gut! Rauschende Reden, das mittlere Klangfarbenspiel. Es geht einfach nur, ein bisschen in Bewegung zu kommen. Rrrr Ist sehr dynamisch:

KLANGFARBENSPIEL

Rauschende Reden rollen im Raume,

Leises Geheimnis,

Wissende Stimme,

Ahnende Sprache,

Staunende Laute,

Kämpfende Rede,

Logisches Tönen,

Düstere Rufe,

Also im Raume rollen die Reden und rauschen.

Gut, jetzt haben wir mal ein bisschen bewegt. Ja, machen wir noch das „Wir sprechen und wir singen“, das ist hell und dunkel. Da geht es jetzt darum… da geht es jetzt darum, dass wir nicht immer in einer Tonlage bleiben. Unsere Alltagssprache heute ist ja so fad geworden, so monoton, das Tempo bleibt gleich, außer man ist einmal zornig, dann zieht es ein bisschen an, aber normalerweise ist es so langweilig, ohne Höhen, ohne Tiefen, ohne Tempowechsel, ohne Pausen. Das gehört hinein. Also da versuchen wir jetzt von ganz hellen, von der Hellen… Hell! Machen wir mal „hell“! Hell!! Gut! Ja, da muss wirklich der Kopf scheppern, die Knochen, die Maske da, alles strahlt, strahlt den Klang aus. Da ist die Resonanz oben, dann ist es schön. Ich weiß, das kann man im Alltagsgespräch… ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber man muss es spüren einfach, dass das Licht der Sprache leuchtet auf einmal, wirklich leuchtet geradezu. Also wir fangen ganz hell an und gehen dann ins Dunkel hin, wir sprechen:

HELL UND DUNKEL

Wir sprechen und wir singen, denn jetzt will hell es klingen;

wir sprachen und wir sangen, da klang es mit vergangen;

gesprochen und gesungen war‘s dumpf schon ausgeklungen.

Gut, ja, es geht hinauf, hinunter. Schauen wir uns ein bisschen Vokale an. Das ist die nächste Seite „VOKALÜBUNGEN“. Beim Ah, machen wir ein schönes Aaah… Aaah… und da aufmachen, was geht (zeigt auf den Mund-Kieferbereich)! Weil in der Alltagssprache (murmelt): Mmmmm, am Anfang war das A. Beim Knödel Essen geht's auch auf. Also wirklich groß, weil dann ist die Resonanz da. Jetzt hier, hier klingt's! Also machen wir‘s nochmal: Aaahhh….

Der Atem bei Sprechen als Symbol für das Empfangen, Loslassen, Hinübergehen 1:18:31

Gut! Und wirklich schön die Atemluft loswerden, auch das Atmen ist wichtig für die Sprache. Vor allem das Ausatmen, das Einatmen kommt von selber. Wenn man keine Luft mehr hat, atmet man schon ein, keine Sorge! Aber das Loswerden ist das Schwierige, wirklich! Alles - ja fast. Ja, bis an die Grenze der Einweihung bis an den Todeshauch, den letzten Atemzug. Nicht ganz, aber bis dahin, ja Geburt und Tod ist drinnen. Nur wenn ich einatme ausatme, einatme, Empfängnis, Geburt, ausatmen, hinübergehen. Wir machen das 86 400 mal oder so, glaube ich pro Tag geht das hin und her. Werden wir geboren, neugeboren und sterben wieder.

Das sind im Übrigen die Momente, wo wir also ganz besonders auch das erleben können. Daher ist auch bei geistigen Übungen eine gewisse Verbindung mit dem Atemrhythmus da. Nur sollte man es heute nicht über irgendwie von außen auferlegte Atemübungen machen, sondern wirklich aus innerem Erleben heraus. Aber dann kann ich erleben im Einatmen des Geborenwerdens, bis es sogar schmerzlich wird. Man braucht nur sehr fest einatmen, dann spürt man, alles spannt sich da drinnen. Das ist gar nicht so angenehm. Ich werde zwar sehr hellwach, aber hellwach ist dann schon fast an der Grenze des Unangenehmen Und dann die Erlösung -  wenn man erleichtert ist, atmet man immer aus, um sich zu erleichtern oder bei der Erleichterung. Das ist aber eigentlich Hinübergehen, über die Schwelle gehen im Grunde, so ganz klein wenig. Wir tun das ununterbrochen. Es ist nichts für uns Unbekanntes – ja, für unser Bewusstsein. Es ist unbekannt, aber wir tun es, wir können es eigentlich, sonst könnte man gar nicht leben. Also Bewusstseinsseelen-Zeitalter heißt auch dafür langsam ein bisschen ein Bewusstsein kriegen, es beobachten lernen diese Unterschiede. Wir sind noch immer Traummännlein, die so vieles gewohnheitsmäßig machen und gar nicht mitkriegen, was wir da alles machenen dabei. Da liegen die Geheimnisse drinnen, also in so ganz Alltäglichkeiten.

Aber gut, machen wir… machen wir jetzt wirklich das A, am Anfang. Also bitte, groß öffnen, nicht verkrampfen dabei, aber wirklich genau das spüren, weich, locker das Unterkiefer fallen lassen. Dann klingt es ganz anders. Ahh - ahh, ahh, ahh… schön! Ja gut, und jetzt das Sprücherl „Am Anfang“:

VOKALÜBUNGEN/KLANGFARBEN

Am Anfang war das „A“;

Als man das All am Tag da sah,

ward Adam wach, war Sprachkraft da,

sprach klanghaft: Ah!

Genau! Darauf bleiben, bis das letzte Resterl Luft weg ist, auf den Flügeln der Luft bleiben. Gut, jetzt ganz was anderes vom A. Das ist eigentlich schön, wenn man so ausatmet, was sehr Befreiendes.

Jetzt machen wir das EE! Machen wir mal Eeehh (gemeinsames Sprechen)… genau! Ich sehe da gefletschte Zähne, ein bisserl. Das liegt nämlich im E drinnen. Der Grundcharakter vom E, der häufigste Vokal im Deutschen ist eigentlich eher unsympathisch. Es ist jedenfalls Ee… ich baue einen Zaun auf gegen meine Umwelt. Und da stehe ich jetzt einmal und schau sehr ernst hinüber, ob ihr mir nicht etwas antun wollt. Ich spüre mich an mir selbst. Ich spüre mich da in der Spannung drinnen. Das heißt, es ist gut da, die Spannung zu spüren drinnen, sich selbst zu spüren. Na, ist was Wichtiges, sich selbst spüren. Jetzt hätte ich fast gesagt, das ist eigentlich was sehr Aggressives. Aber es hat vor allem auch zu tun mit sich selbst spüren, mich selbst angreifen, das ist alles „Ee“ als Geste im Grunde. Kennt man ja in der Eurythmie, groß gemacht, aber in all dem, was wir machen, jedes drückt etwas Besonderes aus.

Das ist auch ein E (reibt sich an der Nase). Das ist auch ein E (reibt sich am Kinn). Das ist auch ein E (reibt sich am Ohrläppchen). Das ist auch ein E (reibt sich nochmal am Kinn). Und hat jedes einen anderen Charakter. Wenn ich so… (legt die Fingerspitzen beider Hände aneinander, nach oben zeigend), ein Redner… es gibt Redner, die machen gerne so…. oder halt dann so (legt die Fingerspitzen beider Hände aneinander, nach unten zeigend), wie auch immer oder dann halten sie es irgendwie fest (mit den Fingern eine Raute formend). Dann gibt es andere Redner, die machen immer so (ausladendes Gestikulieren und sich zwischendurch die Hände reibend): „Wie ich Ihnen schon sagen wollte, ich möchte Sie gerne einladen zur nächsten Feier. Bitte kommen Sie doch herein! Ja…“ Die immer die Hände reiben. Und es gibt welche, die sagen (laut donnerndes Sprechen): „Und ich sage Ihnen, meine Herrschaften, so kann es nicht weitergehen!“ Wieder ein anderer Ausdruck! Da steckt Wille drinnen. Also da, so geht's nicht mehr. Und wenn ich das sage, so ist das. Wenn ich es hier hab (reibt sich die Hände), hab ich das Gefühl drinnen.

Ich fühle, was ich rede. Und da, mit den Fingerspitzen sind wir am wachsten (fügt die Fingerspitzen zusammen). Sinnes-Sein, Denken, das heißt erkennen. Weil wenn ich etwas betaste, um es uns fein zu spüren, wie das ist, werde ich nicht mit der Faust tasten. Dann wird es das nicht aushalten, sondern ganz zart mit den Fingern, dann spüre ich es ganz fein. Das sind typisch die Denker, Redner, die gerne so machen (legt die Fingerspitzen beider Hände aneinander, nach oben zeigend) beim Reden - sehr intellektuell, oder so (kratzt sich am Kopf), ja ein bisschen wollen sie es aus dem Hirnkastel rauskratzen oder da (reibt am Nasenrücken) aus der Nase sich ziehen selber. Das zeigt genau, was in den Menschen seelisch vorgeht. Das ist im Übrigen auch schon etwas, wo man vom sinnlichen Wahrnehmen in das hineinkommen kann, was wirklich seelisch in dem anderen vorgeht.

Man muss nur wach genug sein. Dann fange ich an, sinnlich übersinnlich zu erleben, vielleicht noch nicht zu schauen, aber zu erleben. Und das ist ganz konkret dann. Also das… da kann man dann ja wissen, das ist wirklich so. Jemand, der jetzt gerade Willen ausdrücken wird, der wird nicht so machen (reibt sich an der Nase). Wer sich durchsetzen will, wird es so nie machen. Er lebt das aus dem Innern. Gut, machen wir das Eh: „Dem strebt…“ Versuchen wir bitte die ersten beiden Zeilen, so scharf, so unsympathisch wie möglich zu machen. Manchmal braucht man das auch im Leben, dass man Eh, Eh sagt. Geh! (sehr laut).  Geh! (sehr leise) – das wird nicht gehen. Manchmal wirkt das auch Wunder.

Dem strebt entgegen „E“;

erkennt der Mensch den Menschen je,

des Evchens Welt er enger seh,

es lebt dem „E“.

Genau! Bei den letzten beiden Zeilen haben wir es jetzt mehr ins Wärmere geführt. Kann man auch. Es muss das Eh- nicht immer unsympathisch sein. Das wäre dann fürchterlich, dann wäre das Deutsch ja eine ganz unsympathische Sprache. Ist es nur, wenn man die Eh- alle hart spricht. Tief, innig... Nein, wir müssen nicht alle machen, machen wir mal das Oh-. Das ist sehr schön, oh, oh, oh,  sehr schön, rund - oh, oh, oh, oh - ja genau!

Doch gottvoll groß kommt „O“;

stoßt vor, vor’s Ohr, voll Ton. Wohl so

von „Kosmos“, „Logos“, o so froh,

von „Wort“ kommt „O“.

Gut, gut! Nein… aus, Vokale aus! Machen wir noch ein bisschen was Konsonantisches. Also die Vokale geben vor allem den Klang, sie geben vor allem die Seelenstimmungen. Sie brauchen nur einmal so einen Satz, alle Konsonanten herausschmeißen, nur die Vokale aufschreiben und dann versuchen Sie, den Satz zu lesen. Sie werden nichts verstehen, keine Ahnung mehr haben, was das sein soll. A-E-I-O-U… aber es wird vielleicht eine bestimmte Stimmung ausdrücken. Es wird so eine ganz bestimmte Atmosphäre ausdrücken, je nachdem, ob mehr hellere, mehr dunklere Vokale drinnen sind. Aber vom Sinngehalt ist nichts da. Wenn sie umgekehrt aus einem Satz die ganzen Vokale rausstreichen, nur die Konsonanten haben, können sie ihn problemlos lesen. Problemlos. Ist ganz klar, was dort steht. Tatsächlich in älteren Zeiten bei den Sprachen wurden die Vokale nicht geschrieben. Im Hebräischen nicht. Ich meine, heute macht man ein paar Punkterl dazu, um die Vokalisierung anzudeuten, weil es nicht mehr so sicher ist. Aber man hat nur die Konsonanten geschrieben. Die Konsonanten sind nämlich in Wahrheit Formen, äußere Formen. Also wenn man nimmt B, b… das muss… Ball bei Blume. Das ist gar nicht so eine… das ist wirklich so eine buschige Blume. Oder Berg. B, b, b, …Man macht es ja da auch, wir machen es ja nach. Wir machen b,b,b… plustern uns da auf, ist ja drinnen. Oder K! Das ist was Eckiges, kann nicht… das kann nichts Weiches, Rundes sein, das ist was Kantiges.

Also da liegen Formkräfte, Form-Bewegungen drinnen eigentlich in den Konsonanten. Und die gilt es ein bisschen mitzuerleben. Der Urkonsonant von dem her ist… weil Konsonanten sind ja auch keine Klänge, keine Töne im musikalischen Sinn wie die Vokale, sondern sie sind eigentlich Geräusche. Sie entstehen dadurch, dass die ausgeatmete Luft - sssss - sich zum Beispiel an den Zähnen staut und dadurch entsteht ein Geräusch. Und das… am wenigsten Geräusch entsteht noch beim ein H. Der Hauch beim -ch- wird es schon wieder ein bisschen anders. Da reibt es schon ein bisschen. Aber das H ist fast noch ohne Reibung drinnen. Das heißt in gewisser Weise ist es der Urkonsonant, weil in die ausgeatmete Luft die Konsonanten gebildet werden, indem Widerstand entgegengestellt wird, Widerstand, den wir hier produzieren mit unseren Sprachwerkzeugen. Das ist ein kleiner Mensch in uns, der arbeitet da ganz gewaltig, um die Sprache zu plastizieren und sie zu formen und sie zu meißeln.

Machen wir mal "Des Himmels Hauch". Aber bitte nicht so: Des Himmelshauch schuf Hall und Licht aus Urweltrauch (leiert den Satz eintönig daher). Ja, sinngemäß kann man's jetzt verstehen, aber ich hätte gerne, dass wir in den Himmel hinausfliegen und dann irgendwann bis zum Urwelt-Rauch hinuntertauchen, der da irgendwo vorkommt. Also Höhenflug, Weite… wirklich ausatmen mit dem Hh-… was Hergeben von der Luft sich vorstellen, ich bin jetzt der Engel, der da hinauffliegt. Auch wenn wir vielleicht noch kleine Bengerl sind. Macht nichts! Trotzdem dürfen wir schon erste Flugversuche wagen.

DER HAUCH

Des Himmels Hauch

schuf Hall und Licht

aus Urweltrauch …

Aus Herzen bricht

der Sprache Hauch,

erwacht ein Ich.

Der Rache Fluch

der heil’ge Spruch

verhallt im Todeshauch …

Genau - draufbleiben, bis einem wirklich die Luft ausgeht. Wie gesagt, Einatmen kommt ganz von selber. Haben wir noch Zeit? Das ist. Ja, aber er hat später angefangen. Schon gut. Angefangen ja, also. Dann machen wir doch noch einen Spruch. Es dauert 2 Minuten, 3 Minuten. Der Zauberlehrling, das Allerletzte. Damit wir was in der Praxis haben. Haben wir auch das letzte Jahr schon gemacht. Schadet aber nichts. Mit Titel „Der Zauberlehrling“. Achtung!

Hat der alte Hexenmeister

sich doch einmal wegbegeben!

Und nun sollen seine Geister

auch nach meinem Willen leben.

Seine Wort' und Werke

Merkt ich und den Brauch,

und mit Geistesstärke

tu ich Wunder auch.

Walle! Walle!

Manche Strecke,

dass, zum Zwecke,

Wasser fließe

und mit reichem, vollem Schwalle

zu dem Bade sich ergieße.

Und nun komm, du alter Besen!

Nimm die schlechten Lumpenhüllen;

Bist schon lange Knecht gewesen;

Nun erfülle meinen Willen!

Auf zwei Beinen stehe,

Oben sei ein Kopf,

Eile nun und gehe

mit dem Wassertopf!

Walle! Walle!

Manche Strecke,

dass, zum Zwecke,

Wasser fließe

und mit reichem, vollem Schwalle

zu dem Bade sich ergieße.

Seht, er läuft zum Ufer nieder;

Wahrlich! ist schon an dem Flusse,

und mit Blitzesschnelle wieder

ist er hier mit raschem Gusse.

Schon zum zweiten Male!

Wie das Becken schwillt!

Wie sich jede Schale

voll mit Wasser füllt!

Stehe! Stehe!

Denn wir haben

deiner Gaben

vollgemessen! -

Ach, ich merk es! Wehe! wehe!

hab ich doch das Wort vergessen!

Ach, das Wort, worauf am Ende

er das wird, was er gewesen.

Ach, er läuft und bringt behände!

Wärst du doch der alte Besen!

Immer neue Güsse

bringt er schnell herein,

Ach! und hundert Flüsse

stürzen auf mich ein.

Nein, nicht länger

kann ich's lassen;

Will ihn fassen.

Das ist Tücke!

Ach! nun wird mir immer bänger!

Welche Miene! welche Blicke!

O du Ausgeburt der Hölle!

Soll das ganze Haus ersaufen?

Seh ich über jede Schwelle

doch schon Wasserströme laufen.

Ein verruchter Besen,

der nicht hören will!

Stock, der du gewesen,

steh doch wieder still!

Willst's am Ende

gar nicht lassen?

Will dich fassen,

will dich halten

und das alte Holz behände

mit dem scharfen Beile spalten.

Seht, da kommt er schleppend wieder!

Wie ich mich nur auf dich werfe,

gleich, o Kobold, liegst du nieder;

Krachend trifft die glatte Schärfe.

Wahrlich! brav getroffen!

Seht, er ist entzwei!

Und nun kann ich hoffen,

und ich atme frei!

Wehe! Wehe!

Beide Teile

stehn in Eile

schon als Knechte

völlig fertig in die Höhe!

Helft mir, ach! Ihr hohen Mächte!

Und sie laufen! Nass und nässer

wird's im Saal und auf den Stufen.

Welch entsetzliches Gewässer!

Herr und Meister! hör mich rufen! -

Ach, da kommt der Meister!

Herr, die Not ist gross!

Die ich rief, die Geister,

werd ich nun nicht los.

»In die Ecke,

Besen! Besen!

Seid's gewesen.

Denn als Geister

ruft euch nur, zu seinem Zwecke,

erst hervor der alte Meister.«

Sehr schön!

Glossar

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A


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

B

BEWUSSTSEINSSEELE

BIBEL


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C

CHRISTUS


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

D


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

E

EINWEIHUNG

ENGEL


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

F


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

G

GEDÄCHTNIS

GOETHE

GRIECHEN


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

H


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

I

IMAGINATION


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J


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

K

KUNST


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L

LAZARUS


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M


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

N


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

O


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

P


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

Q


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

R


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

S

SEELE

SILBERSCHNUR

STEINZEIT


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T

TIER

TOTENERWECKUNG


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U

ÜBERSINNLICH

URPFLANZE


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V

VERSTANDESSEELE


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W

WAHRNEHMUNG


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X


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Y


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Z


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