Eine freie Initiative von Menschen bei anthrowiki.at, anthro.world, biodyn.wiki und steiner.wiki mit online Lesekreisen, Übungsgruppen, Vorträgen ... |
WER BIST DU - Ein Vortrag von Dr. Gunter Gebhard, 2019
Zum Film |
Transkription vom Vortrag WER BIST DU
Platons Höhlengleichnis und die Goetheanistische Weltanschauung 00:00:27
Also, wenn ich es so als Thema auffassen soll "Christusimpuls" - was kann man darunter verstehen, oder was versteh' ich darunter, wie wirkt es für mich in mein Leben - dann kann ich es vielleicht erst einmal von einer mehr philosophischen Seite aus angucken.
Wir kennen von Platon das Höhlengleichnis, wo Platon beschreibt: Der Mensch sitzt in einer Höhle, angekettet, und hat vor sich eine Wand, die beleuchtet ist von einem Licht von oben, und vor diesem Licht wandern die gefäßtragenden Wesen der Ideen vorbei, und wir sehen nur die Schatten der Ideen.
Und wenn ich dann auf etwas anderes schaue - was mit der Naturwissenschaft, mit dem Verstehen dessen, was um uns da ist (zu tun hat) - auf Goethe, dann spricht Goethe z.B. von der Urpflanze, also von diesem Wesen, dieser Idee, das alle Pflanzen in sich trägt, d.h. die Universalität der Pflanzen, und er beschreibt es Schiller in einem Gespräch, und Schiller sagt dann, als Goethe darüber spricht: Nun, das ist ja eine Idee, was du mir da beschreibst. Und darauf sagt Goethe: "Dann kann ich eben Ideen mit Augen schauen."
Ostergeschehen und das Wirken von Christus 00:01:56
D.h. er nimmt die Idee in den Dingen wahr. Und jetzt haben sowohl Platon als auch Goethe recht. Denn Platon war VOR dem Ereignis von Ostern [Mysterium von Golgatha], und damals war der Schöpfergott hinter den Sternen - und auf der Erde noch kein Christus. Und da war das richtig zu sagen: Wir sehen nur die Schatten der Ideen, der Gott ist nicht in dieser physischen Welt, der ist dahinter. Und durch das Ostergeschehen, durch diese 3 Jahre des Lebens von Jesus Christus ab der Jordantaufe, hat sich eben dieser göttliche (Impuls)- was man in der christlichen Terminologie den Sohnes Impuls nennt- mit einem Menschen verbunden, lebt im Menschen diese 3 Jahre lang und durch den Tod verbindet er sich mit der Menschheit und der Erde. D.h. man kann sagen: "Am Kreuz ist der Jesus gestorben und der Christus geboren für die Menschheit auf der Erde, und seit dem ist dieses Göttliche in der Schöpfung anwesend - als Sohnes Impuls."
Und das ist das, was Goethe gemacht hat – man kann in dem Zusammenhang sagen:
Goethe hat Platon (in Anführungsstrichen) "christianisiert" - also, er hat die Wahrnehmung der Welt durch die Augen, die Platon hatte, auf unsere Zeit übersetzt. D.h. dass wir heute überall dem begegnen, und was sich dann im Evangelium ausdrückt in so einem Satz "Was ihr dem geringsten eurer Brüder tut, tut ihr mir an." - dieses verbunden sein, dieses da drin sein - und das eben nicht nur im Sozialen, sondern auch der ganzen Natur gegenüber.
Meine Suche als Naturwissenschaftler nach den Ideen in den Dingen 00:03:55
Und so in meiner eigenen Beschäftigung jetzt als Naturwissenschaftler mit Pflanzen, Tieren, Steinen, war eigentlich immer dieses Bestreben, kann man sagen, die letzten 35-40 Jahre, in diesen Erscheinungen, die ich da als Natur vor mir habe, die Idee zu finden, also das, was da dahinter steht, was bewirkt, dass etwas so ist wie es ist.
Und auf dem Weg, kann man sagen, da begegnet man etwas, dass man sagen kann; Man wird von dem berührt, was das Christliche in der Welt ist. Und in dem "die Dinge verstehen dürfen " - überhaupt in dieser Art jetzt so hinzuschauen, dass ich mit der Frage auf alles zugehen kann: "WER BIST DU? " - da verschwindet ganz viel von dem, was wir üblicherweise haben: "Wozu dienst du mir? Wozu kann ich dich benützen?"
Und auf der anderen Seite komm' ich in eine Haltung, die mich nicht mehr ändern lassen will das Andere, sondern ich freu' mich über das Andere so wie es ist und versuche es zu verstehen.
Waltende Kräfte verstehen in der pädagogischen Arbeit 00:05:24
Und das jetzt in unserer pädagogischen Arbeit (ist) immer wieder das Interessante, dass wir eben, wenn man mit Schülern zu tun hat, mit jungen Menschen - und natürlich gibt es da Vieles, was sich entwickeln will und noch nicht am richtigen Platz ist - aber in dem Bedürfnis, diesen Menschen erst mal überhaupt zu verstehen: Wie kann man so sein, wie der ist? Aus welchen Kräften bin ich so? - fang ich an zu verstehen, welche Kräfte dieser Mensch zur Verfügung hat. Und wenn ich sehe, aus welchen Kräften er so sein kann, und jetzt ist da etwas, das arbeitet nicht am richtigen Platz, die Kräfte arbeiten an der falschen Stelle, aber die Kräfte sind gut - oder schlecht... Kräfte haben einfach nur ihre Existenz... Wenn ich jetzt diese Kräfte verbiete anzuwenden, indem ich sage: "Was du machst, ist nicht richtig, und das machst du nie wieder!", dann sag ich ihm: "Du darfst diese Kräfte nicht mehr anwenden!"
Wenn ich aber die Kräfte verstehe und seh' - z.B. da ist jemand, der einfach das Talent hat, immer alles kaputt zu machen, alles um ihn herum geht kaputt, und jetzt kann man dafür sorgen, dass er sich bewusster verhält und alles mögliche - dazu kann man auch raten, das ist nichts Schlechtes. Aber jetzt seh ich: Er hat das Talent kaputt zu machen und er ist technisch aber vielleicht nicht ungeschickt. (So) kann ich sagen: Jetzt beschäftige dich mal mit Mühlentechnik! Mit Mühlen muss man systematisch irgendwas kaputt machen, und dann kann der vielleicht ein genialer Erfinder werden für irgendeine Mühlentechnik. Nur um an dem Beispiel zu zeigen: Das Kaputtmachen als solches ist im Resultat schlecht, an der Stelle, wo was kaputt geht, aber es gibt andere Lebensbereiche, wo man was kaputt machen muss, und da ist es sinnvoll, also das dahin zu leiten, wo es seinen Sinn bekommt. Das heißt: (es ist) nicht mehr die Frage "gut oder schlecht", sondern: Das Schlechte ist das Gute am falschen Platz.
Verstehen wollen ersetzt die Lust am (Ver-)urteilen 00:07:37
Und auf die Weise jetzt in einem inneren Verständnis dem anderen zu begegnen, da verliert man immer mehr die Lust, irgendjemanden zu be- oder verurteilen, sondern es ist immer mehr nur das Bedürfnis, noch besser verstehen zu wollen. Und auf der anderen Seite ist eben auch dann das Verstehen ein Geschenk. Dieses Verstehen kommt nicht zustande durch meine eigene Denkleistung, sondern meine Denkaktivität öffnet eine Tür und ich seh' jetzt etwas, und das bringt das Verständnis. Also nicht nur das Gefühl: Ich denke und dadurch produziere ich den Gedanken, sondern durch mein Denken bin ich in der Lage, einen Gedanken, ein Verständnis wahrnehmen zu können. Das ist jedes mal ein Geschenk.
Nicht "Ich" produziere Gedanken 00:08:33
Wenn man Aristoteles liest, da hat man da so das Gefühl – und findet immer wieder Stellen, wo das auch indirekt ausgesprochen wird – dass Aristoteles eigentlich die Gedanken wahrnimmt und er in seinem Denken nur die Formulierbarkeit produziert. Aber der Inhalt von den Gedanken, der Gedanke selbst, dass er den wie wahrnimmt. Und das kann ich einfach so - aus dem selber jetzt in der Phänomenologie, aus dem Goethe'schen Anschauen der Welt heraus - für mich sagen, dass ich es immer als ein Geschenk erlebe, wenn ich einen Gedanken fassen kann. Dass ich denken muss, aber dass ich nicht den Gedanken produziere. Also, ich kann den Gedanken nicht mehr als Besitz betrachten, sondern als ein Geschenk, eigentlich mit der Aufgabe – wenn es möglich ist, und wenn es jemand hören will – den weiter zu geben. Aber nicht, dass das mein Produkt ist, (sondern) dass das eigentlich wie ein Gnadengeschenk aussieht. Und das ist dann eben konkret, auch wenn man so einen Menschen verstehen will und da was verstanden hat oder anfängt zu verstehen oder vielleicht nur das Interesse es verstehen zu wollen, dass man dann solche Wunder erlebt, dass sich der Mensch ändert.
Sich gesehen fühlen - das Interesse am Gegenüber 00:10:07
Und dafür vielleicht auch ein konkretes Beispiel: Ich wurde gebeten, in Russland in einer Schulklasse einen Schüler anzuschauen, 2. Klasse, ein Mädchen, und die nahm immer am Unterricht teil, aber hatte die Angewohnheit, immer mit dem Rücken zur Tafel und zum Lehrer zu sitzen. Der Lehrer konnte es nicht hinkriegen, dass sie sich richtig rum setzt. Und dann haben wir eine Schülerbesprechung gemacht, die sich normalerweise so über 3 Tage erstreckt - eben nur mit dem Ziel, diesen Menschen verstehen zu wollen. Und haben den ersten Tag gehabt, den 2. Tag gehabt, und als wir den 3. Nachmittag zusammen kommen, kommt der Klassenlehrer und sagt: Ich weiss nicht, was passiert ist - heute Morgen kommt das Mädchen in die Klasse mit so einem dicken Blumenstrauß, die hat noch nie was mitgebracht und sitzt mehr als die erste Hälfte vom Hauptunterricht mit dem Gesicht zur Tafel - hat sich umgedreht! Und man merkt, in dem Interesse für diesen Menschen – und da war eben jetzt nicht das Ziel, wie kriegen wir es hin, dass sie sich rumdreht, sondern: Wie verstehen wir diesen Menschen? - (also) nur aus dem inneren Bedürfnis, diesen Menschen verstehen zu wollen, kam eine Reaktion von diesem Menschen und er sagt "Ja, ich freu mich" (in Anführungsstrichen jetzt gesagt - er hat es nicht gesagt ) - aber dieser Mensch sagt dann durch sein Verhalten: Ja, ich freu mich, dass ihr mich verstehen wollt, und dreht sich um.
Und an anderer Stelle war ein Mädchen, mit dem es nicht sehr leicht ist zusammenzuleben, und sie sagte mal, als sie so 15 war: "Weißt du Mama, zu euch komm ich gern, weil ihr mich verstehen wollt. Die anderen wollen immer nur, dass ich das tu, was sie von mir wollen.
Also das Interesse am anderen Menschen, nur einfach dadurch dass er da ist, ihn so nehmen wie er ist und ihn langsam verstehen - zu wissen, was muss ich ihm anbieten. Und das vielleicht auch einfach an einer Stelle nochmal konkreter gemacht, was ich damit meine: Wir haben das deutsche Wort "Er-ziehung". Da ziehen wir, von irgendwo nach irgendwo, oder im englischen "education" oder aus dem lateinischen "educare", führen, herausführen, irgendwohin führen. Das heisst, da bin ich der Aktive, der etwas tut mit dem jungen Menschen. Im Russischen heisst dieses Wort "vospitanie"! Und "vos" ist die Vorsilbe "nach oben" und "pitanie" ist "Nahrung". D.h. dieses Wort, das als Begriff das gleiche zum Inhalt hat, was wir Erziehung nennen, wird aus der russischen Sprache so verstanden, dass ich die richtige Nahrung geben muss, damit etwas sich nach oben entwickelt. D.h. ein Gärtner, der wissen muss, wie viel Licht, wie viel Wasser, was für eine Erde braucht meine Pflanze, damit sie gut gedeiht. Aber dazu muss er die Pflanze kennen. Und das ist etwas, was im Umgang vor allem mit den jungen Menschen - und mit denen hab ich es eben vor allem zu tun - so wichtig ist, glaube ich für die Zukunft, dass wir versuchen zu sehen; Was sind das denn für Samen. Wenn der Gärtner nicht weiß, was er für Samen vor sich hat, dann kann er nicht richtig die Pflanzen aufziehen. Aber der Gärtner berührt die Pflanze nicht, (sondern) er macht das Umfeld richtig, dass die Pflanze aus den eigenen Kräften richtig wächst.
Und in der Pädagogik verhalten wir uns oftmals so, dass wir sagen: Die schönste Pflanze ist die Rose, und jetzt müssen wir alle Pflanzen zu Rosen machen. Und dann kann ich an der Distel rumschneiden so viel ich will, die wird nie eine Rose, aber auch keine gute Distel (dann).
Also ich muss erkennen, was ist das für eine Pflanze und ihr dann die Bedingungen geben, dass sie sich gemäß dem, was sie mitbringt, entwickeln kann. Und das sind die Stellen, wo ich erlebe, für mich sagen würde, da ist der CHRISTUS anwesend mit seinen Kräften. In diesem individuellen verstehenden Blick. Aus dem Moment heraus immer mehr zu lernen, was jetzt nötig ist, damit es gesund stattfindet, und nicht aus irgendwelchen Prinzipien zu handeln. Und damit sind wir an der Stelle, wo wir vorhin das schon mal berührt hatten, dass man sagen kann: Ja, es gibt Gesetze. Aber wenn ich nur nach dem Gesetzt handle, dann bin ich durch etwas veranlasst in einer ganz bestimmten Weise zu handeln - dann wird das Gesetzt zum Prinzip. Wenn ich aber die Gesetze kenne und aus dem Verstehen der konkreten Situation handle, dann handle ich auch dem Gesetz gemäß, aber nicht aus Pflicht, weil das Gesetz da ist, sondern aus dem Verstehen der Zusammenhänge, in Freiheit. Und dann verwandelt sich Pflicht in Liebe. Und das ist der Unterschied zwischen dem, was in der Bergpredigt gesagt ist: "Kein Komma des Gesetzes wird durch mich geändert" - und in den Abschiedsreden im Johannesevangelium heißt es dann für die Zukunft: "Liebt euch wie ich euch geliebt habe."
Wirkliches Interesse, unmittelbare Begegnung und Grenzen auflösen 00:16:19
D.h. wenn Liebe an die Stelle der Pflicht treten kann, und Liebe ist die einzige Kraft, die wirklich verbindet. Wissenschaftlich nennen wir die Liebe Interesse. Wirkliches Interesse ist eine Liebequalität. Ich verbinde mich mit dem, was mir gegenüber ist. Und wenn ich mich mit ihm verbinde, bin ich nicht nur ich, sondern auch das was ich in mir trage, und wenn ich's verstanden hab, bin ich größer geworden. D.h. die Trennung, die wir überall in der Welt erleben zwischen uns, zwischen den Menschen, zwischen Mensch und Natur, zwischen Erde und Kosmos, diese Trennung kann sich dadurch aufheben, dass ich immer mehr verstehe und dann werd' ich immer größer, d.h. dadurch werden Grenzen aufgelöst. Und dieses Grenzen Auflösen geht durch ein Verstehen im "Sich-Verbunden-Haben damit" . Das kann man wieder an einem Praktischen (Beispiel ) sehen, wenn (z.B.) so Tendenzen sind - in Russland kenn' ich das gegen die Kaukasier - diese Kaukasier... und die sind dann solche und solche und solche... Und da im Gespräch mit jungen Menschen, die so dann reden manchmal, sag ich: Ich kenne viele Menschen, z.B. aus Armenien, aber den Armenier hab ich noch nie gesehen. Und wenn man dann solche Menschen in Kontakt bringt, jemanden einlädt z.B. aus so einem Land, und der mal erzählt von sich, seinem Leben, seiner Biografie, wie er da nach Moskau kam, oder dies und jenes... Dann entsteht plötzlich ein unmittelbarer Kontakt mit dem Menschen, und "der Armenier" verschwindet gegen den ich mich vorher gerichtet habe, d.h. dann wird es ganz konkret: In der Begegnung mit dem anderen Menschen löst sich die Grenze auf, die vorher in diesen plakativen Vorstellungen da ist. Ich fang' an, einen Menschen zu verstehen - und versteh' vielleicht, warum er so ist wie er ist, durch die persönliche Begegnung mit ihm, und das erlebe ich gerade in unserer Zeit mit dem sich Abgrenzen gegenüber irgendwelchen Andersartigen, und dieses Abgrenzen verschwindet immer da, wo Begegnung stattfindet.
Neu begegnen lernen - Christus wartet im Herzen entdeckt zu werden 00:18:50
Wie können wir wieder neu begegnen lernen? Begegnung mit einem Stein, mit einer Pflanze mit einem Tier oder mit einem Mitmenschen. Ein Aspekt, der in dem Zusammenhang glaube ich noch sehr interessant sein kann, ist jetzt wieder ein Satz aus dem Evangelium, der einen einfach auf etwas aufmerksam macht, nämlich wenn da der Christus sagt: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt."
D.h. dieser raum-zeitliche Kosmos ist nicht die Welt des Christus - aber er hat eine Beziehung hierhin, er hat ja hier gelebt und lebt hier. Aber sein Reich ist nicht von dieser Welt, d.h. er hat keinen Raum in dieser Welt, weil er nicht von dieser Welt ist. Aber wir können ihm einen Raum schaffen. Und das können nur wir Menschen, mit denen er sich verbunden hat und verbunden ist, d.h. aus unserem Herzen, und der Raum entsteht überall da, an der Stelle, wo wir die Worte, die Paulus formuliert - als er die Christen jagt auf dem Weg nach Damaskus und dann dem Christus begegnet als Christenverfolger und danach die Verwandlung erlebt und ein Apostel wird - dass er dann sagt: "Nicht ich, sondern der Christus in mir."
Und das ist auch etwas: Wir suchen so nach Selbsterkenntnis in unserer Zeit. Und da, wo man sich selber wirklich findet, da merkt man, ich bin ja nie mit mir allein. Wir sind immer zu zweit. Dieser Christus wartet, im Herzen von jedem Menschen entdeckt zu werden. Und diese Begegnung von innen, dass man sagt, ja, ich mit meiner Kraft, mit meinem Willen als Mensch, an der Stelle wo ich stehe, ich setz alles dafür ein, nicht dass ich handle, sondern dass dieser Christus handeln kann - diesen Raum schaffen.
Räume schaffen wo Christus sein kann 00:20:30
Und das ist ein Credo, kann man sagen, von Keyserlingk für die Landwirtschaft, wo er sagt "Wir müssen Räume schaffen, in denen der Christus sein kann." Dieses Raum-Schaffen und dann sich freuen, wenn etwas geschieht, weil man dann sieht: Ja, ich hab's ein Stückchen weit hingekriegt, irgendwo so einen kleinen Raum zu schaffen. Und auch das wieder so auf's Konkrete runter geholt: Menschen, die zu uns kommen auf diesem halben Hektar Land, auf dem wir da wohnen mit unserer Arbeit in Russland - es werden jetzt 10 Jahre, dass wir dieses Grundstück haben - dass Menschen die kommen sagen, irgendwie ist bei euch da alles anders, und (sagen) wie das sich so anfühlt. Und die Tiere scheinen auch zu merken, da ist ein anderes Bestreben mit diesem Land umzugehen, weil aus der ganzen Nachbarschaft, wenn irgendwo ein Loch im Zaun ist, kommen die rüber, die Hühner sind bei uns, das Gartentürchen steht offen, da ist eine Kuh im Garten, es kommt einfach alles zu uns rein. Und das ist nicht unser Werk, sondern das ist das, was da eben durch dieses Raum-schaffen-wollen möglich ist, so interpretieren wir das. D.h. durch diese Bemühung, eine innere Haltung zu finden, dass man nicht nur sich sieht, sondern eben sieht: Wie steh ich in dieser Welt, mit was hängt diese Welt zusammen - und dann das, was mit dem Osterimpuls zusammenhängt wahrzunehmen und dann auch sagen zu können: Ja, aus all dem, was ich da erlebt habe, brauche ich kein Evangelium mehr, das mir beweist, dass es den Christus gibt - weil ich ihn auf irgendeine Art wahrgenommen, erlebt habe.
Man muss nicht mehr mit Argumenten, mit Fakten, mit irgendwas arbeiten, sondern es wird eine Wahrnehmung: So wie du (Anmerkung: François) mir jetzt gegenüber sitzt und mir niemand beweisen muss, dass es dich gibt, so entsteht da auch eine Beziehung zu dem, was wir den Christus nennen können. Soviel vielleicht zum Christusimpuls im Moment.
Themenbezogene Leseanregungen
Die Anthroposophie und das menschliche Gemüt von Rudolf Steiner: Betrachtungen über die Michael-Idee in ihrer wahren Gestalt und über die Wiederbelebung des Michaelfestes, Vier Vorträge, gehalten in Wien vom 27. September bis 1. Oktober 1923