3. Nebenübung von Rudolf Steiner: Unterschied zwischen den Versionen

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:«Im '''dritten Monat''' soll als neue Übung in den Mittelpunkt des Lebens gerückt werden '''die Ausbildung eines gewissen Gleichmu­tes gegenüber''' den Schwankungen von '''Lust und Leid''', Freude und Schmerz, das «'''Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt'''» soll mit Bewußtsein durch eine '''gleichmäßige Stimmung ersetzt werden'''. Man gibt auf sich acht, daß '''keine Freude mit einem durchgehe, kein Schmerz einen zu Boden drücke, keine Erfahrung einen zu maßlosem Zorn oder Ärger hinreiße, keine Erwartung einen mit Ängstlichkeit oder Furcht erfülle, keine Situation einen fassungs­los mache''' usw., usw. Man befürchte nicht, daß eine solche Übung einen nuchtern und lebensarm mache: man wird vielmehr alsbald bemerken, daß an Stelle dessen, was durch diese Übung vorgeht, geläutertere Eigenschaften der Seele auftreten; vor allem wird man eines Tages eine innere Ruhe im Körper durch subtile Auf­merksamkeit spüren können; diese gieße man, ähnlich wie in den beiden oberen Fällen, in den Leib, indem man sie vom Herzen nach den Händen, den Füßen und zuletzt nach dem Kopfe strahlen läßt. Dies kann natürlich in diesem Falle nicht nach jeder einzelnen Übung vorgenommen werden, da man es im Grunde nicht mit einer einzelnen Übung zu tun hat, sondern mit einer fortwährenden Aufmerksamkeit auf sein inneres Seelenleben. Man muß sich jeden Tag wenigstens einmal diese innere Ruhe vor die Seele rufen und dann die Übung des Ausströmens vom Her­zen vornehmen. '''Mit den Übungen des ersten und zweiten Monats verhalte man sich, wie mit der des ersten Monats im zweiten.'''''»''<ref>Rudolf Steiner: ''Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen'', [[s:GA 267#56|[GA 267, S. 57f]]]</ref> [[S:GA 267#57|[Lit.: GA 267, S. 57f]]]
:«Im '''dritten Monat''' soll als neue Übung in den Mittelpunkt des Lebens gerückt werden '''die Ausbildung eines gewissen Gleichmu­tes gegenüber''' den Schwankungen von '''Lust und Leid''', Freude und Schmerz, das «'''Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt'''» soll mit Bewußtsein durch eine '''gleichmäßige Stimmung ersetzt werden'''. Man gibt auf sich acht, daß '''keine Freude mit einem durchgehe, kein Schmerz einen zu Boden drücke, keine Erfahrung einen zu maßlosem Zorn oder Ärger hinreiße, keine Erwartung einen mit Ängstlichkeit oder Furcht erfülle, keine Situation einen fassungs­los mache''' usw., usw. Man befürchte nicht, daß eine solche Übung einen nuchtern und lebensarm mache: man wird vielmehr alsbald bemerken, daß an Stelle dessen, was durch diese Übung vorgeht, geläutertere Eigenschaften der Seele auftreten; vor allem wird man eines Tages eine innere Ruhe im Körper durch subtile Auf­merksamkeit spüren können; diese gieße man, ähnlich wie in den beiden oberen Fällen, in den Leib, indem man sie vom Herzen nach den Händen, den Füßen und zuletzt nach dem Kopfe strahlen läßt. Dies kann natürlich in diesem Falle nicht nach jeder einzelnen Übung vorgenommen werden, da man es im Grunde nicht mit einer einzelnen Übung zu tun hat, sondern mit einer fortwährenden Aufmerksamkeit auf sein inneres Seelenleben. Man muß sich jeden Tag wenigstens einmal diese innere Ruhe vor die Seele rufen und dann die Übung des Ausströmens vom Her­zen vornehmen. '''Mit den Übungen des ersten und zweiten Monats verhalte man sich, wie mit der des ersten Monats im zweiten.'''''»''<ref>Rudolf Steiner: ''Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen'', [[s:GA 267#56|[GA 267, S. 57f]]]</ref> [[S:GA 267#57|[Lit.: GA 267, S. 57f]]]


=== Geheimwissenschaft im Umriss | GA 13, S. 332f ===
=== Geheimwissenschaft im Umriss, 1909 | GA 13, S. 332f ===
In be­zug auf die Ge­fühls­welt soll es die See­le für die Geis­tes­schu­lung zu ei­ner ge­wis­sen '''Ge­las­sen­heit''' brin­gen. Da­zu ist nö­t­ig, daß die­se See­le Be­herr­sche­rin wer­de über den Aus­druck von Lust und Leid, Freu­de und Sch­merz. Ge­ra­de ge­gen­über der Er­wer­bung die­ser Ei­gen­schaft kann sich man­ches Vor­ur­teil er­ge­ben. Man könn­te mei­nen, man wer­de stumpf und teil­nahms­los ge­gen­über sei­ner Mit­welt, wenn man über das «Er­freu­li­che sich nicht er­f­reu­en, über das Sch­merz­haf­te nicht Sch­merz emp­fin­den soll». Doch dar­um han­delt es sich nicht. Ein Er­freu­li­ches soll die See­le er­f­reu­en, ein Trau­ri­ges soll sie sch­mer­zen. Sie soll nur da­zu ge­lan­gen, den Aus­druck von Freu­de und Sch­merz, von Lust und Un­lust zu be­herr­schen. St­rebt man die­ses an, so wird man als­­bald be­mer­ken, daß man nicht stump­fer, son­dern im Ge­gen­­teil emp­fäng­li­cher wird für al­les Er­freu­li­che und Sch­mer­z­haf­te der Um­ge­bung, als man früh­er war. Es er­for­dert al­ler­­dings ein ge­nau­es Acht­ge­ben auf sich selbst durch län­ge­re Zeit, wenn man sich die Ei­gen­schaft an­eig­nen will, um die es sich hier han­delt. Man muß dar­auf se­hen, daß man Lust und Leid voll mi­t­er­le­ben kann, oh­ne sich da­bei so zu ver­­­lie­ren, daß man dem, was man emp­fin­det, ei­nen un­will­kür­­li­chen Aus­druck gibt. Nicht den be­rech­tig­ten Sch­merz soll man un­ter­drü­cken, son­dern das un­will­kür­li­che Wei­nen; nicht den Ab­scheu vor ei­ner sch­lech­ten Hand­lung, son­dern das blin­de Wü­ten des Zorns; nicht das Ach­ten auf ei­ne Ge­fahr, son­dern das frucht­lo­se «Sich-Fürch­ten» und so wei­ter. Nur durch ei­ne sol­che Übung ge­langt der Geis­tes­schü­ler da­zu, je­ne Ru­he in sei­nem Ge­müt zu ha­ben, wel­che not­wen­dig ist, da­mit nicht beim Ge­bo­ren­wer­den und na­ment­lich bei der Be­tä­ti­gung des höhe­ren Ich die See­le wie ei­ne Art Dop­pel­­gän­ger ne­ben die­sem höhe­ren Ich ein zwei­tes un­ge­sun­des Le­ben führt. Ge­ra­de die­sen Din­gen ge­gen­über soll­te man sich kei­ner Selbst­täu­schung hin­ge­ben. Es kann man­chem schei­nen, daß er ei­nen ge­wis­sen Gleich­mut im ge­wöhn­li­chen Le­ben schon ha­be und daß er des­halb die­se Übung nicht nö­t­ig ha­be. Ge­ra­de ein sol­cher hat sie zwei­fach nö­t­ig. Man kann näm­lich ganz gut ge­las­sen sein, wenn man den Din­gen des ge­wöhn­li­chen Le­bens ge­gen­über­steht; und dann beim Auf­s­tei­gen in ei­ne höhe­re Welt kann sich um so mehr die Gleich­ge­wichts­lo­sig­keit, die nur zu­rück­ge­drängt war, gel­tend ma­chen. Es muß durch­aus er­kannt wer­den, daß zur Geis­tes­schu­lung es we­ni­ger dar­auf an­kommt, was man vor­her zu ha­ben scheint, als viel­mehr dar­auf, daß man ganz ge­set­z­­mä­ß­ig übt, was man braucht. So wi­der­spruchs­voll die­ser Satz auch aus­sieht: er ist rich­tig. Hat ei­nem auch das Le­ben dies oder je­nes an­er­zo­gen: zur Geis­tes­schu­lung die­nen die Ei­gen­schaf­ten, wel­che man sich selbst an­er­zo­gen hat. Hat ei­nem das Le­ben Er­regt­heit bei­ge­bracht, so soll­te man sich die Er­regt­heit ab­er­zie­hen; hat ei­nem aber das Le­ben Gleich­­mut bei­ge­bracht, so soll­te man sich durch Selbs­t­er­zie­hung so aufrüt­teln, daß der Aus­druck der See­le dem emp­fan­ge­nen Ein­druck ent­spricht. Wer über nichts la­chen kann, be­herrscht sein Le­ben eben­so­we­nig wie der­je­ni­ge, wel­cher, oh­ne sich zu be­herr­schen, fort­wäh­rend zum La­chen ge­reizt wird.
«In be­zug auf die Ge­fühls­welt soll es die See­le für die Geis­tes­schu­lung zu ei­ner ge­wis­sen '''Ge­las­sen­heit''' brin­gen. Da­zu ist nö­t­ig, daß die­se See­le Be­herr­sche­rin wer­de über den Aus­druck von Lust und Leid, Freu­de und Sch­merz. Ge­ra­de ge­gen­über der Er­wer­bung die­ser Ei­gen­schaft kann sich man­ches Vor­ur­teil er­ge­ben. Man könn­te mei­nen, man wer­de stumpf und teil­nahms­los ge­gen­über sei­ner Mit­welt, wenn man über das «Er­freu­li­che sich nicht er­f­reu­en, über das Sch­merz­haf­te nicht Sch­merz emp­fin­den soll». Doch dar­um han­delt es sich nicht. Ein Er­freu­li­ches soll die See­le er­f­reu­en, ein Trau­ri­ges soll sie sch­mer­zen. Sie soll nur da­zu ge­lan­gen, den Aus­druck von Freu­de und Sch­merz, von Lust und Un­lust zu be­herr­schen. St­rebt man die­ses an, so wird man als­­bald be­mer­ken, daß man nicht stump­fer, son­dern im Ge­gen­­teil emp­fäng­li­cher wird für al­les Er­freu­li­che und Sch­mer­z­haf­te der Um­ge­bung, als man früh­er war. Es er­for­dert al­ler­­dings ein ge­nau­es Acht­ge­ben auf sich selbst durch län­ge­re Zeit, wenn man sich die Ei­gen­schaft an­eig­nen will, um die es sich hier han­delt. Man muß dar­auf se­hen, daß man Lust und Leid voll mi­t­er­le­ben kann, oh­ne sich da­bei so zu ver­­­lie­ren, daß man dem, was man emp­fin­det, ei­nen un­will­kür­­li­chen Aus­druck gibt. Nicht den be­rech­tig­ten Sch­merz soll man un­ter­drü­cken, son­dern das un­will­kür­li­che Wei­nen; nicht den Ab­scheu vor ei­ner sch­lech­ten Hand­lung, son­dern das blin­de Wü­ten des Zorns; nicht das Ach­ten auf ei­ne Ge­fahr, son­dern das frucht­lo­se «Sich-Fürch­ten» und so wei­ter. Nur durch ei­ne sol­che Übung ge­langt der Geis­tes­schü­ler da­zu, je­ne Ru­he in sei­nem Ge­müt zu ha­ben, wel­che not­wen­dig ist, da­mit nicht beim Ge­bo­ren­wer­den und na­ment­lich bei der Be­tä­ti­gung des höhe­ren Ich die See­le wie ei­ne Art Dop­pel­­gän­ger ne­ben die­sem höhe­ren Ich ein zwei­tes un­ge­sun­des Le­ben führt. Ge­ra­de die­sen Din­gen ge­gen­über soll­te man sich kei­ner Selbst­täu­schung hin­ge­ben. Es kann man­chem schei­nen, daß er ei­nen ge­wis­sen Gleich­mut im ge­wöhn­li­chen Le­ben schon ha­be und daß er des­halb die­se Übung nicht nö­t­ig ha­be. Ge­ra­de ein sol­cher hat sie zwei­fach nö­t­ig. Man kann näm­lich ganz gut ge­las­sen sein, wenn man den Din­gen des ge­wöhn­li­chen Le­bens ge­gen­über­steht; und dann beim Auf­s­tei­gen in ei­ne höhe­re Welt kann sich um so mehr die Gleich­ge­wichts­lo­sig­keit, die nur zu­rück­ge­drängt war, gel­tend ma­chen. Es muß durch­aus er­kannt wer­den, daß zur Geis­tes­schu­lung es we­ni­ger dar­auf an­kommt, was man vor­her zu ha­ben scheint, als viel­mehr dar­auf, daß man ganz ge­set­z­­mä­ß­ig übt, was man braucht. So wi­der­spruchs­voll die­ser Satz auch aus­sieht: er ist rich­tig. Hat ei­nem auch das Le­ben dies oder je­nes an­er­zo­gen: zur Geis­tes­schu­lung die­nen die Ei­gen­schaf­ten, wel­che man sich selbst an­er­zo­gen hat. Hat ei­nem das Le­ben Er­regt­heit bei­ge­bracht, so soll­te man sich die Er­regt­heit ab­er­zie­hen; hat ei­nem aber das Le­ben Gleich­­mut bei­ge­bracht, so soll­te man sich durch Selbs­t­er­zie­hung so aufrüt­teln, daß der Aus­druck der See­le dem emp­fan­ge­nen Ein­druck ent­spricht. Wer über nichts la­chen kann, be­herrscht sein Le­ben eben­so­we­nig wie der­je­ni­ge, wel­cher, oh­ne sich zu be­herr­schen, fort­wäh­rend zum La­chen ge­reizt wird.''»''<ref>Rudolf Steiner: ''Die Geheimwissenschaft im Umriß'', [[S:GA13#332|[GA 13, S. 332f]]]</ref> [[S:GA13#332|[Lit.: GA 267, S. 57f]]]
 
=== Wie erlangt man Kenntnis von höheren Welten? | GA 10, S. 128 ===
Das (sechste) dritte ist die Erwerbung eines gewissen Lebensgleichgewichtes (Gleichmutes). Der Geheimschüler strebt an, seine gleichmäßige Stimmung zu erhalten, ob ihn Leid, ob ihn Er­freuliches trifft. Das Schwanken zwischen «himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt» gewöhnt er sich ab. Das Un­glück, die Gefahr finden ihn ebenso gewappnet wie das Glück, die Förderung.
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Version vom 21. Juli 2024, 19:43 Uhr

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Gelassenheit (3. Nebenübung)

Rudolf Steiner verwendet für diese 3. Nebenübung wiederum verschiedene Namen, Gelassenheit, Gelassenheit gegenüber Lust und Leid, Gleichmut, Herrschaft der Seele über die Gefühle, Kontrolle des Fühlens, Seelisches Gleichgewicht und Ertragsamkeit. Wiederum beschreiben all diese Namen zusammen den Wesenskern der 3. Nebenübung.

Eine Auswahl von Rudolf Steiner Zitaten für die 3. Nebenübung

Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild ... | GA 267, S. 57f

«Im dritten Monat soll als neue Übung in den Mittelpunkt des Lebens gerückt werden die Ausbildung eines gewissen Gleichmu­tes gegenüber den Schwankungen von Lust und Leid, Freude und Schmerz, das «Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt» soll mit Bewußtsein durch eine gleichmäßige Stimmung ersetzt werden. Man gibt auf sich acht, daß keine Freude mit einem durchgehe, kein Schmerz einen zu Boden drücke, keine Erfahrung einen zu maßlosem Zorn oder Ärger hinreiße, keine Erwartung einen mit Ängstlichkeit oder Furcht erfülle, keine Situation einen fassungs­los mache usw., usw. Man befürchte nicht, daß eine solche Übung einen nuchtern und lebensarm mache: man wird vielmehr alsbald bemerken, daß an Stelle dessen, was durch diese Übung vorgeht, geläutertere Eigenschaften der Seele auftreten; vor allem wird man eines Tages eine innere Ruhe im Körper durch subtile Auf­merksamkeit spüren können; diese gieße man, ähnlich wie in den beiden oberen Fällen, in den Leib, indem man sie vom Herzen nach den Händen, den Füßen und zuletzt nach dem Kopfe strahlen läßt. Dies kann natürlich in diesem Falle nicht nach jeder einzelnen Übung vorgenommen werden, da man es im Grunde nicht mit einer einzelnen Übung zu tun hat, sondern mit einer fortwährenden Aufmerksamkeit auf sein inneres Seelenleben. Man muß sich jeden Tag wenigstens einmal diese innere Ruhe vor die Seele rufen und dann die Übung des Ausströmens vom Her­zen vornehmen. Mit den Übungen des ersten und zweiten Monats verhalte man sich, wie mit der des ersten Monats im zweiten.»[1] [Lit.: GA 267, S. 57f]

Geheimwissenschaft im Umriss, 1909 | GA 13, S. 332f

«In be­zug auf die Ge­fühls­welt soll es die See­le für die Geis­tes­schu­lung zu ei­ner ge­wis­sen Ge­las­sen­heit brin­gen. Da­zu ist nö­t­ig, daß die­se See­le Be­herr­sche­rin wer­de über den Aus­druck von Lust und Leid, Freu­de und Sch­merz. Ge­ra­de ge­gen­über der Er­wer­bung die­ser Ei­gen­schaft kann sich man­ches Vor­ur­teil er­ge­ben. Man könn­te mei­nen, man wer­de stumpf und teil­nahms­los ge­gen­über sei­ner Mit­welt, wenn man über das «Er­freu­li­che sich nicht er­f­reu­en, über das Sch­merz­haf­te nicht Sch­merz emp­fin­den soll». Doch dar­um han­delt es sich nicht. Ein Er­freu­li­ches soll die See­le er­f­reu­en, ein Trau­ri­ges soll sie sch­mer­zen. Sie soll nur da­zu ge­lan­gen, den Aus­druck von Freu­de und Sch­merz, von Lust und Un­lust zu be­herr­schen. St­rebt man die­ses an, so wird man als­­bald be­mer­ken, daß man nicht stump­fer, son­dern im Ge­gen­­teil emp­fäng­li­cher wird für al­les Er­freu­li­che und Sch­mer­z­haf­te der Um­ge­bung, als man früh­er war. Es er­for­dert al­ler­­dings ein ge­nau­es Acht­ge­ben auf sich selbst durch län­ge­re Zeit, wenn man sich die Ei­gen­schaft an­eig­nen will, um die es sich hier han­delt. Man muß dar­auf se­hen, daß man Lust und Leid voll mi­t­er­le­ben kann, oh­ne sich da­bei so zu ver­­­lie­ren, daß man dem, was man emp­fin­det, ei­nen un­will­kür­­li­chen Aus­druck gibt. Nicht den be­rech­tig­ten Sch­merz soll man un­ter­drü­cken, son­dern das un­will­kür­li­che Wei­nen; nicht den Ab­scheu vor ei­ner sch­lech­ten Hand­lung, son­dern das blin­de Wü­ten des Zorns; nicht das Ach­ten auf ei­ne Ge­fahr, son­dern das frucht­lo­se «Sich-Fürch­ten» und so wei­ter. Nur durch ei­ne sol­che Übung ge­langt der Geis­tes­schü­ler da­zu, je­ne Ru­he in sei­nem Ge­müt zu ha­ben, wel­che not­wen­dig ist, da­mit nicht beim Ge­bo­ren­wer­den und na­ment­lich bei der Be­tä­ti­gung des höhe­ren Ich die See­le wie ei­ne Art Dop­pel­­gän­ger ne­ben die­sem höhe­ren Ich ein zwei­tes un­ge­sun­des Le­ben führt. Ge­ra­de die­sen Din­gen ge­gen­über soll­te man sich kei­ner Selbst­täu­schung hin­ge­ben. Es kann man­chem schei­nen, daß er ei­nen ge­wis­sen Gleich­mut im ge­wöhn­li­chen Le­ben schon ha­be und daß er des­halb die­se Übung nicht nö­t­ig ha­be. Ge­ra­de ein sol­cher hat sie zwei­fach nö­t­ig. Man kann näm­lich ganz gut ge­las­sen sein, wenn man den Din­gen des ge­wöhn­li­chen Le­bens ge­gen­über­steht; und dann beim Auf­s­tei­gen in ei­ne höhe­re Welt kann sich um so mehr die Gleich­ge­wichts­lo­sig­keit, die nur zu­rück­ge­drängt war, gel­tend ma­chen. Es muß durch­aus er­kannt wer­den, daß zur Geis­tes­schu­lung es we­ni­ger dar­auf an­kommt, was man vor­her zu ha­ben scheint, als viel­mehr dar­auf, daß man ganz ge­set­z­­mä­ß­ig übt, was man braucht. So wi­der­spruchs­voll die­ser Satz auch aus­sieht: er ist rich­tig. Hat ei­nem auch das Le­ben dies oder je­nes an­er­zo­gen: zur Geis­tes­schu­lung die­nen die Ei­gen­schaf­ten, wel­che man sich selbst an­er­zo­gen hat. Hat ei­nem das Le­ben Er­regt­heit bei­ge­bracht, so soll­te man sich die Er­regt­heit ab­er­zie­hen; hat ei­nem aber das Le­ben Gleich­­mut bei­ge­bracht, so soll­te man sich durch Selbs­t­er­zie­hung so aufrüt­teln, daß der Aus­druck der See­le dem emp­fan­ge­nen Ein­druck ent­spricht. Wer über nichts la­chen kann, be­herrscht sein Le­ben eben­so­we­nig wie der­je­ni­ge, wel­cher, oh­ne sich zu be­herr­schen, fort­wäh­rend zum La­chen ge­reizt wird.»[2] [Lit.: GA 267, S. 57f]

Wie erlangt man Kenntnis von höheren Welten? | GA 10, S. 128

Das (sechste) dritte ist die Erwerbung eines gewissen Lebensgleichgewichtes (Gleichmutes). Der Geheimschüler strebt an, seine gleichmäßige Stimmung zu erhalten, ob ihn Leid, ob ihn Er­freuliches trifft. Das Schwanken zwischen «himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt» gewöhnt er sich ab. Das Un­glück, die Gefahr finden ihn ebenso gewappnet wie das Glück, die Förderung.

2. NÜ ◁   ■   ▷ 4. NÜ

Literatur

Einzelnachweise

  1. Rudolf Steiner: Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen, [GA 267, S. 57f]
  2. Rudolf Steiner: Die Geheimwissenschaft im Umriß, [GA 13, S. 332f]