6. Nebenübung von Rudolf Steiner

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Inneres Gleichgewicht (6. Nebenübung)

Rudolf Steiner verwendet für diese 6. Nebenübung wiederum verschiedene Namen, Inneres Gleichgewicht, Gleichgewicht der Seele, Innere Harmonie, Harmonisierung der fünf Eigenschaften, Richtungsicherheit und Beharrlichkeit. Wiederum beschreiben all diese Namen zusammen den Wesenskern der 6. Nebenübung.

Eine Auswahl von Rudolf Steiner Zitaten für die 6. Nebenübung

Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild ... | GA 267, S. 60f

«Im sechsten Monat soll man dann versuchen, systematisch in einer regelmäßigen Abwechslung alle fünf Übungen immer wie­der und wieder vorzunehmen. Es bildet sich daher allmählich ein schönes Gleichgewicht der Seele heraus. Man wird namentlich bemerken, daß etwa vorhandene Unzufriedenheiten mit Erschei­nung und Wesen der Welt vollständig verschwinden. Eine allen Erlebnissen versöhnliche Stimmung bemächtigt sich der Seele, die keineswegs Gleichgültigkeit ist, sondern im Gegenteil erst befä­higt, tatsächlich bessernd und fortschrittlich in der Welt zu arbei­ten. Ein ruhiges Verständnis von Dingen eröffnet sich, die früher der Seele völlig verschlossen waren. Selbst Gang und Gebärde des Menschen ändern sich unter dem Einfluß solcher Übungen, und kann der Mensch gar eines Tages bemerken, daß seine Hand­schrift einen anderen Charakter angenommen hat, dann darf er sich sagen, daß er eine erste Sprosse auf dem Pfade aufwärts eben im Begriffe zu erreichen ist.»[1] [Lit.: GA 267, S. 60f]

Geheimwissenschaft im Umriss, 1909 | GA 13, S. 336f

«Da­mit sind fünf Ei­gen­schaf­ten der See­le ge­nannt, wel­che sich in re­gel­rech­ter Schu­lung der Geis­tes­schü­ler an­zu­eig­nen hat: die Herr­schaft über die Ge­dan­ken­füh­rung, die Her­r­­schaft über die Wil­len­s­im­pul­se, die Ge­las­sen­heit ge­gen­über Lust und Leid, die Po­si­ti­vi­tät im Be­ur­tei­len der Welt, die Un­be­fan­gen­heit in der Auf­fas­sung des Le­bens. Wer ge­wis­se Zei­ten au­f­ein­an­der­fol­gend da­zu ver­wen­det hat, um sich in der Er­wer­bung die­ser Ei­gen­schaf­ten zu üben, der wird dann noch nö­t­ig ha­ben, in der See­le die­se Ei­gen­schaf­ten zum har­­mo­ni­schen Zu­sam­men­stim­men zu brin­gen. Er wird sie ge­­wis­ser­ma­ßen je zwei und zwei, drei und ei­ne und so wei­ter gleich­zei­tig üben müs­sen, um Har­mo­nie zu be­wir­ken. Die cha­rak­te­ri­sier­ten Übun­gen sind durch die Me­tho­den der Geis­tes­schu­lung an­ge­ge­ben, weil sie bei gründ­li­cher Aus­­­füh­rung in dem Geis­tes­schü­ler nicht nur das be­wir­ken, was oben als un­mit­tel­ba­res Er­geb­nis ge­nannt wor­den ist, son­­dern mit­tel­bar noch vie­les an­de­re im Ge­fol­ge ha­ben, was auf dem We­ge zu den geis­ti­gen Wel­ten ge­braucht wird. Wer die­se Übun­gen in ge­nü­gen­dem Ma­ße macht, wird wäh­rend der­sel­ben auf man­che Män­gel und Feh­ler sei­nes See­len­­le­bens sto­ßen; und er wird die ge­ra­de ihm not­wen­di­gen Mit­tel fin­den zur Kräf­ti­gung und Si­che­rung sei­nes in­tel­le­k­­tu­el­len, ge­fühls­mä­ß­i­gen und Cha­rak­ter­le­bens. Er wird ge­wiß noch man­che an­de­re Übun­gen nö­t­ig ha­ben, je nach sei­nen Fähig­kei­ten, sei­nem Tem­pe­ra­ment und Cha­rak­ter; sol­che er­ge­ben sich aber, wenn die ge­nann­ten aus­gie­big durch­ge­macht wer­den. Ja, man wird be­mer­ken, daß die dar­ge­s­tell­ten Übun­gen mit­tel­bar auch das­je­ni­ge nach und nach ge­ben, was zu­nächst nicht in ih­nen zu lie­gen scheint. Wenn zum Bei­spiel je­mand zu we­nig Selbst­ver­trau­en hat, so wird er nach ent­sp­re­chen­der Zeit be­mer­ken kön­nen, daß sich durch die Übun­gen das not­wen­di­ge Selbst­ver­trau­en ein­s­tellt. Und so ist es in be­zug auf an­de­re See­len­ei­gen­schaf­­ten.»[2] [Lit.: GA 13, S. 336f]

Wie erlangt man Kenntnis von höheren Welten? | GA 10, S. 128ff

«Das (dritte) ist die Erziehung zur Ausdauer. Der Geheimschüler läßt sich nicht durch diese oder jene Einflüsse von einem Ziel abbringen, das er sich gesteckt hat, solange er dieses Ziel als ein richtiges ansehen kann. Hindernisse sind für ihn eine Aufforderung, sie zu überwinden, aber keine Abhaltungsgründe.»[3] [Lit.: GA 10, S. 128]
«Die Leser von geisteswissenschaftlichen Schriften fin­den das Geschilderte als die sogenannten «sechs Eigenschaften» aufgezählt, welche der bei sich entwickeln muß, der die Einweihung anstrebt. Hier sollte ihr Zusammen­hang mit dem seelischen Sinne dargelegt werden, welcher die zwölfblätterige Lotusblume genannt wird. Die Ge­heimschulung vermag wieder besondere Anweisungen zu geben, welche diese Lotusblume zum Reifen bringen, aber auch hier hängt die Ausbildung der regelmäßigen Form dieses Sinnesorganes an der Entwickelung der auf­gezählten Eigenschaften. Wird diese Entwickelung außer acht gelassen, dann gestaltet sich dieses Organ zu einem Zerrbilde. Und es können dadurch bei Ausbildung einer gewissen Hellsehergabe in dieser Richtung die genannten Eigenschaften sich statt zum Guten zum Schlechten wen­den. Der Mensch kann besonders unduldsam, zaghaft, ab­lehnend gegen seine Umgebung werden. Er kann zum Beispiel eine Empfindung erhalten für Gesinnungen an­derer Seelen und diese deswegen fliehen oder hassen. Es kann so weit kommen, daß er wegen der Seelenkälte, die ihn bei Ansichten überströmt, welche ihm widerstreben, gar nicht zuhören kann oder in abstoßender Art sich ge­bärdet.»[4] [Lit.: GA 10, S. 130]

Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band III, Leipzig, 2. Januar 1914 | GA 266/3, S. 245

«Weiter zu gehen ist für den Menschen nicht nötig, da er durch diese fünf Stufen den Kontakt mit der geistigen Welt her­stellt. Es muß nun noch durch stete Wiederholung dieser fünf Übungen zwischen den verschiedenen Fähigkeiten, die durch sie erlangt werden sollen, die Harmonie des Zusammenwirkens hergestellt werden. Das bewirkt die sechste Übung.Diese Übungen sind von allergrößter Wichtigkeit. Durch sie kann die Seele den Weg finden in die geistigen Welten. Überall, in allen Schriften, Zyklen, Vorträgen finden Sie Hinweise auf diese fünf Übungen. Und es brauchte keine esoterische Stunde stattzufinden, wenn jeder sie aufmerksam läse und die Kräfte dieser Übungen in seiner Seele zum Leben erweckte. Sie dienen den speziell gegebenen Übungen zur Unterstützung.»[5] [GA 266/3, S. 245]

Über die astrale Welt und das Devachan | GA 88, S. 178f

«Gleichgewicht. Die letzte seelische Fähigkeit würde als Resultat aller anderen sich als Gleichgewicht, als Richtungssicherheit, Seelenbilanz ergeben. Der Chela gibt sich selbst die Richtung. Und so hätte er nun die vierte Eigenschaft in sich zu entwickeln: Den Willen zur Freiheit, zum Ideal. Solange wir noch im Physischen leben, können wir nicht zur vollen Freiheit gelangen, aber wir können den Willen zur Freiheit in uns entwickeln, hinstreben zu dem Ideal. Wir können uns freimachen von den äußeren Umständen und nicht mehr auf die Anstöße von außen reagieren, sondern das Gesetz in uns, das Dauernde, zur Richtschnur unseres Denkens und Handelns machen, nicht in der vorübergehenden Persönlichkeit, sondern in unserer Individualität leben, die dauernd ist, die zur Einheit strebt.»[6] [Lit.: GA 88, S. 178f]

Vorträge vor der Anthroposophischen Gesellschaft in Stuttgart: Vor dem Tore der Theosophie | GA 95, S. 119f

«Inneres Gleichgewicht. Und dann folgt als nächste Eigenschaft inneres Gleichgewicht. Es bildet sich durch die fünf anderen Eigenschaften nach und nach ganz von selbst heraus. Auf diese sechs Eigenschaften muß der Mensch bedacht sein. Er muß sein Leben in die Hand nehmen und langsam fortschreiten im Sinne des Wortes: Steter Tropfen höhlt den Stein. Eignet sich nun ein Mensch durch irgendwelche magischen Kunstgriffe höhere Kräfte an, ohne dies zu berücksichtigen, so ist er in einer üblen Lage. Im jetzigen Leben ist das Geistige und Leibliche so durcheinandergemischt, wie etwa in einem Glase eine blaue und eine gelbe Flüssigkeit. Mit der okkulten Entwickelung beginnt nun etwas, was dem Vorgange ähnelt, wenn der Chemiker diese beiden Flüssigkeiten trennt. Ähnlich wird Seelisches und Leibliches geschieden. Damit verliert der Mensch aber die Wohltaten dieser Mischung. Der gewöhnliche Mensch ist dadurch, daß die Seele im physischen Leib steckt, keinen Leidenschaften unterworfen, die allzu grotesk sind. Durch diese Trennung aber kann es nun vorkommen, daß der physische Leib sich selbst überlassen wird mit seinen Eigenschaften, und das kann zu allerlei Exzessen führen. So kann es vorkommen bei einem Menschen, der in okkulter Entwickelung begriffen ist, wenn er nicht darauf achtet, moralische Eigenschaften zu fördern, daß dann tatsächlich schlechte Eigenschaften zutage treten, die sich sonst nicht gezeigt haben würden. Er wird plötzlich lügnerisch, jähzornig, rachsüchtig; alle möglichen Eigenschaften, die vorher gemildert waren, treten kraß heraus. Ja, das kann schon vorkommen, wenn sich jemand ohne moralische Entwickelung zuviel mit den Weisheitslehren der Theosophie beschäftigt.»[7] [Lit.: GA 95, S. 119f]

Warnhinweis von Rudolf Steiner zum Abschluss

«Erstens, daß die besprochenen sechs Übungen den schädlichen Einfluß, den andere okkulte Übungen haben können, paralysie­ren, so daß nur das Günstige vorhanden bleibt.[*] Und zweitens, daß sie den positiven Erfolg der Meditations- und Konzentra­tionsarbeit eigentlich allein sichern. Selbst die bloße noch so ge­wissenhafte Erfüllung landläufiger Moral genügt für den Esoteri­ker noch nicht, denn diese Moral kann sehr egoistisch sein, wenn sich der Mensch sagt: Jch will gut sein, damit ich für gut befunden werde. - Der Esoteriker tut das Gute nicht, weil er für gut befun­den werden soll, sondern weil er nach und nach erkennt, daß das Gute allein die Evolution vorwärts bringt, das Böse dagegen und das Unkluge und das Häßliche dieser Evolution Hindernisse in den Weg legen.

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[*] Der «schädliche Einfluß» findet sich in den Hörer-Notizen von dem Vortrag Leipzig, 9. Juli 1906 (in GA 94 «Kosmogonie») wie folgt begründet:

Der Schlaf ist der Ausgangspunkt für die Entwickelung der geistigen Sinne. Vom schlafenden Menschen sind physischer und Ätherleib im Bett, Astralleib und Ich sind außerhalb derselben. Wenn nun der Mensch anfängt, im Schlafe schauend zu werden, dann werden dem Körper für eine gewisse Zeit Kräfte entzogen, die bisher die Wiederher­stellung an physischem und Ätherleib besorgt haben. Sie müssen auf andere Weise ersetzt werden, soll nicht eine grosse Gefahr für den physischen und den Atherleib entstehen. Geschieht dies nämlich nicht, dann kommen diese mit ihren Kräften sehr herunter, und amoralische Wesenheiten bemächtigen sich ihrer. Daher kann es vorkommen, daß Menschen zwar das astrale Hellsehen entwickeln, aber unmoralische Menschen werden. [...].

Wichtig ist folgender Satz: Man kann eine Wesenheit und eine Sache um so mehr sich selbst überlassen, je mehr Rhythmus man hineinge­bracht hat. So muß der Geheimschüler auch in seine Gedankenwelt eine gewisse Regelmäßigkeit, einen Rhythmus hineinbilden. Dazu ist not­wendig:

[es folgt eine Beschreibung der sechs Nebenübungen].

Wenn der Mensch diese Eigenschaften alle in sich ausbildet, dann kommt ein solcher Rhythmus in sein inneres Leben, daß der Astralleib die Regeneration im Schlafe nicht mehr zu verrichten braucht. Denn es kommt durch diese Übungen auch in den Ätherleib ein solches Gleich­gewicht, daß er sich selbst beschützen und wiederherstellen kann. Wer die okkulte Schulung ohne die Ausbildung dieser sechs Eigenschaften beginnt, der läuft Gefahr und ist nachts den schlimmsten Wesenheiten ausgesetzt. Wer aber die sechs Eigenschaften eine Zeitlang geübt hat der darf damit beginnen, seine astralischen Sinne zu entwickeln, und er fängt dann an, mit Bewußtsein zu schlafen. Seine Träume sind nicht mehr willkürlich, sondern sie gewinnen Regelmäßigkeit; die Astralwelt steigt vor ihm auf.»[8] [Lit.: GA 267, S. 61f]

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Literatur

Einzelnachweise

  1. Rudolf Steiner: Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen, [GA 267, S. 60f]
  2. Rudolf Steiner: Die Geheimwissenschaft im Umriß, [GA 13, S. 336f]
  3. Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?, [GA 10, S. 128]
  4. Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?, [GA 10, S. 130]
  5. Rudolf Steiner: Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band III, [GA 266/3, S. 245]
  6. Rudolf Steiner: Über die astrale Welt und das Devachan, [GA 88, S. 178f]
  7. Rudolf Steiner: Vor dem Tore der Theosophie, [GA 95, S. 119f]
  8. Rudolf Steiner: Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen, [GA 267, S. 61f]