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Anthroposophie, Christus-Impuls und der Umgang mit dem Bösen - ein Interview mit Inspiriert-Sein TV, 2025: Unterschied zwischen den Versionen
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=== Begrüßung und wie Christoph Bolleßen zur Anthroposophie kam 00:00:33 === | |||
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'''Marion Selzer''' | '''Marion Selzer''' | ||
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe bei | Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe bei Inspiriert-sein.TV und heute bin ich im Gespräch mit Christoph Bolleßen. Hallo Christoph, schön, dass du da bist. | ||
'''Christoph Bolleßen''' | '''Christoph Bolleßen''' | ||
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'''Marion Selzer''' | '''Marion Selzer''' | ||
Christoph, du bist ja, wenn ich richtig informiert bin, gar nicht jetzt in den klassisch-anthroposophischen Hintergrund hineingeboren. Du kommst aus einer ganz normalen bürgerlichen, ich glaube, katholischen Familie und du hast dann erst später zur Anthroposophie gefunden. Ich glaube, du hast laut deiner eigenen Aussage eine heftige Jugend hinter dir. Also du bist so ein ganz gewöhnlicher junger Mensch gewesen, der schon immer eine Anbindung hatte, aber dann erst später zur Anthroposophie gefunden hat. Heute hast du ja deinen Kanal Kulturepochen, wo du Vorträge machst, sehr inspirierende, aber auch Hörbücher | Christoph, du bist ja, wenn ich richtig informiert bin, gar nicht jetzt in den klassisch-anthroposophischen Hintergrund hineingeboren. Du kommst aus einer ganz normalen bürgerlichen, ich glaube, katholischen Familie und du hast dann erst später zur Anthroposophie gefunden, erst im erwachsenen Leben. Ich glaube, du hast laut deiner eigenen Aussage eine heftige Jugend hinter dir. Also du bist so ein ganz gewöhnlicher junger Mensch gewesen, der schon immer eine Anbindung hatte, aber dann erst später zur Anthroposophie gefunden hat. Heute hast du ja deinen Kanal Kulturepochen, auch deine gleichnamige Seite, wo du Vorträge machst, sehr inspirierende, aber auch Hörbücher einliest von Rudolf Steiner. Du gehst auch vor Ort zu Veranstaltungen, hältst da deine Reden und machst auch Workshops. Du hast dich so autodidaktisch da hineingefunden in die Anthroposophie und als du dann, ich glaube, das war so vor 13 Jahren, da hingekommen bist, hattest du auch so schnell dieses Gespür, das ist meine geistige Heimat. Ist das so richtig? Kannst du dich noch daran erinnern, was hat dich damals so angesprochen oder so fasziniert? | ||
'''Christoph Bolleßen''' | '''Christoph Bolleßen''' | ||
Ja, also ich sage mal, der Ruf der Anthroposophie, der hat mich so ein bisschen verzögert erreicht, könnte man sagen. Ich war also, als ich ungefähr 2008, 2009, da bin ich umgezogen in die Heidelberger Gegend und habe da gearbeitet in einem größeren Biomarkt in Heidelberg und zu der Zeit war meine Seele in so einer Art Suchbewegung und war auch innerlich sehr offen und aufgeschlossen nach außen hin neue Spiritualität zu finden. Und ich habe damals viele liebe, interessante Menschen kennengelernt, denen ich auch sehr dankbar bin, dass sie mich auf dem Weg begleitet haben. | Ja, also ich sage mal, der Ruf der Anthroposophie, der hat mich so ein bisschen verzögert erreicht, könnte man sagen. Ich war also, als ich ungefähr 2008, 2009, da bin ich umgezogen in die Heidelberger Gegend und habe da gearbeitet in einem größeren Biomarkt in Heidelberg und zu der Zeit war meine Seele in so einer Art Suchbewegung und war auch innerlich sehr offen und aufgeschlossen nach außen hin neue Spiritualität zu finden. Und ich habe damals viele liebe, interessante Menschen kennengelernt, denen ich auch sehr dankbar bin, dass sie mich auf dem Weg begleitet haben. Alle mehr oder weniger eine Zeit lang. | ||
Und ich bin dann damals zum ersten Mal so richtig auf die Anthroposophie aufmerksam geworden, zunächst einmal durch das Logo vom Demeter-Verband. Da hat mich also diese Farbe, dieses Orange und dann auch die Form der Buchstaben, das hat mich irgendwie berührt innerlich. Und ich hatte auch damals, obwohl ich konkret noch gar nicht wusste, um was es geht, hatte ich sofort den Eindruck, das kennst du irgendwie. Das fühlte sich familiär an. | |||
Und dann war ich auch sehr begeistert von den Produkten selber. Ich hab damals unter anderem auch, wir hatte eine große Obst- und Gemüseabteilung, morgens kam dann diese Rollwägen an, wo dann einfach diese frischen Gemüse- und Obstkisten oben drauf waren und ich hab auch einfach gemerkt, diese Demeterprodukte haben eine besondere Ausstrahlung gehabt. | |||
Und dann war es eines Tages so, dass wir eingeladen wurden vom Biomarkt in die Hauptzentrale von einem großen Erzeuger von Demeter, Obst, Gemüse und auch anderen Produkten, ein Handelskontor, und dann kam ich also dort an und dann weiß ich noch, da sah ich dann zum ersten Mal bewusst diese anthroposophische Bauweise, das heißt also nicht mehr rechtwinklig und alles quadratisch usw., sondern da waren auch andere Formen im Spiel. Und dann bin ich da rein gegangen und dann gab es dort eine Vitrine und in dieser Vitrine waren kleine Heftchen ausgestellt und eins davon war „Rudolf Steiner – Zwei Wege zu Christus“ und das hat mich so angesprochen, dass ich dann zu dem Herrn, der damals eingeladen hatte und der auch zuständig war für uns und uns betreut hat, gesagt habe, kann man diese Heftchen hier bei euch irgendwo kaufen? Und dann sagte er, ja hier jetzt bei uns nicht, das sind Exponate, musst du vielleicht mal im Buchhandel schauen. | |||
Und dann war auch dieses Treffen, ich bin dann wieder nach Hause gefahren, dann gerät das alles wieder in den Hintergrund. Und ein paar Wochen später hat mich dieser Herr dann besucht, er kam dann im Laden vorbei und hatte dann ein kleines Geschenk für mich und das war dieses kleine Heftchen. Und das war eigentlich der Beginn, sage ich mal, dass ich gespürt habe, das ist der Weg, den du gehen möchtest. Und das hat sich dann auch gefestigt in der Zeit darauf, da habe ich dann eine Ausbildung machen dürfen zum Waldorf-Klassenlehrer und Gartenbaulehrer, und da waren dann alle Dämme gebrochen sozusagen, da bin ich richtig eingestiegen in das Selbststudium. Das war dann so 2014 und ja seitdem bemühe ich mich nach Kräften einfach da weiterzukommen und am Ball zu bleiben, wie man so schön sagt. | |||
'''Marion Selzer''' | |||
Schön, danke. Da waren jetzt einige Sachen dabei, die ich gar nicht wusste, auch dass du Waldorfschullehrer - eine Ausbildung hast, und dass dich dieses Logo so angesprochen hat. Würdest du sagen, ich meine, du hast zwar nicht in diesem Leben inkarniert in eine anthroposophische Familie, was ja vielleicht auch wichtig ist, um aus eigenem Willen da noch mal hinzufinden, aber da scheint ja schon so eine Art Rückerinnerung zu sein, also könnte ich mir vorstellen, dass du dich nicht zum ersten Mal mit diesen Themen beschäftigst, sondern vielleicht schon im vorherigen Leben. | |||
'''Christoph Bolleßen''' | |||
Ja, zumindest kann man sagen, irgendwas hat meine Seele da wie angezogen, wie so magnetisch in den Bann gezogen, aber nicht so in Form von Überwältigung, das hat man ja auch manchmal, dass man irgendwas in die Seele reingepresst bekommt, sondern es war schon eine äußere Anregung und dann hat meine Seele begonnen, sich darauf zuzubewegen. So kann ich das vielleicht beschreiben. | |||
=== | === Literaturempfehlungen für den Einstieg in das Werk Rudolf Steiners 00:08:00 === | ||
'''Marion Selzer''' | '''Marion Selzer''' | ||
Und du hast ja jetzt auch die Ausbildung da gemacht, da hattest du ja schon eine Anleitung, mit welchen Themen du dich beschäftigst, aber wenn ich das richtig verstehe, hast du auch vieles aus eigenem Antrieb dir angelesen, angeeignet, erforscht. Und da wäre meine Frage, du machst das glaub ich jetzt so seit 13, 14 Jahren, du hast gesagt seit 2013, 2014? | |||
'''Christoph Bolleßen''' | '''Christoph Bolleßen''' | ||
Ja, | Ja 12 Jahre, 13 Jahre so. | ||
'''Marion Selzer''' | '''Marion Selzer''' | ||
Und wenn man ja zur Anthroposophie findet, zumindest ging es mir so, ich meine, das ist ja so eine Fülle an Themen und ich war erst mal so überwältigt und wusste gar nicht, wo fange ich denn jetzt an. Hast du da eine Idee oder eine Empfehlung, wie man da herangehen könnte? Würdest du sagen, das ist schon wichtig, gewisse Themengebiete sich am Anfang zu Gemüte zu ziehen oder folgt man komplett seiner Begeisterung? | Und wenn man ja zur Anthroposophie findet, zumindest ging es mir so, ich meine, das ist ja so eine Fülle an Themen und ich war erst mal so überwältigt und wusste gar nicht, wo fange ich denn jetzt an und wo höre ich auf. Und auch heute noch würde ich am liebsten 10 GAs parallel lesen und noch hier den Vortrag und da noch was anhören. Hast du da eine Idee oder eine Empfehlung oder einen Tipp, wie man da herangehen könnte? Würdest du sagen, das ist schon wichtig, gewisse Themengebiete sich am Anfang zu Gemüte zu ziehen oder folgt man komplett seiner Begeisterung? Oder wie bist du das angegangen? | ||
'''Christoph Bolleßen''' | '''Christoph Bolleßen''' | ||
Ja, also so in der Richtung, die Frage habe ich schon häufiger gestellt bekommen. Also aus meiner jetzigen Perspektive kann ich sagen, wie du es so schön formuliert hast, dieser eigene Weg der Begeisterung, was zieht mich an, den würde ich stark favorisieren. Dass man vielleicht einen Ort aufsucht, wo man möglichst viele Bücher aus der Gesamtausgabe einmal vor sich hat und dass man dann einfach mal innerlich leise wird und dann mal das eine Buch in die Hand nimmt, das andere Buch in die Hand nimmt und dann einfach mal vielleicht auch vorne die Zusammenfassungen der Vortragsthemen | Ja, also so in der Richtung, die Frage habe ich schon häufiger gestellt bekommen, was ich da so empfehlen würde für den Einstieg. Also aus meiner jetzigen Perspektive kann ich sagen, wie du es so schön formuliert hast, also dieser eigene Weg der Begeisterung, was zieht mich an, den würde ich stark favorisieren. Dass man vielleicht einen Ort aufsucht, wo man möglichst viele Bücher aus der Gesamtausgabe einmal vor sich hat und dass man dann einfach mal innerlich leise wird und dann mal das eine Buch in die Hand nimmt, das andere Buch in die Hand nimmt und dann einfach mal vielleicht auch vorne die Zusammenfassungen der Vortragsthemen, da gibt es ja bei vielen Ausgaben gibt es ja dann vorne immer die Zusammenfassungen, welche Themen werden im Vortrag behandelt. Und dass man so einfach auf die Spur kommt, was suche ich eigentlich, weil man weiß es ja oft nicht im klaren Tagesbewusstsein, in welche Richtung möchte sich meine Seele denn eigentlich erweitern oder mein Bewusstsein, in welche Richtung soll das gehen. Und deshalb sage ich immer, irgendwo so den eigenen Einstieg finden, das finde ich ganz wichtig. | ||
Und wenn man dann fragt, ja gibt es vielleicht ein Buch, wo Grundlegendes mal vermittelt wird, was sich gut lesen lässt, dann finde ich persönlich sehr, sehr schön die | Und wenn man dann fragt, ja gibt es vielleicht ein Buch, wo Grundlegendes mal vermittelt wird, was sich gut lesen lässt, dann finde ich persönlich sehr, sehr schön die „Theosophie“. Also das ist wirklich so ein Werk, da kann man mal auf Tuchfühlung gehen mit anthroposophischen Grundlagen und kann sich erfreuen an den wunderbaren Satzbauten von Rudolf Steiner, an den Begrifflichkeiten, die er verwendet. Also die „Theosophie“ ist für mich ein sehr, sehr schönes Grundlagenwerk. | ||
'''Marion Selzer''' | '''Marion Selzer''' | ||
Dass du jetzt die | Also ich finden den Hinweis, da hin zu gehen und die Bücher auf sich wirken zu lassen, raus zu nehmen, in die Vortragsbeschreibungen hinein zu schauen, so mach ich das im Moment auch im Internet, also dank Wolfgang Peter im anthrowiki sind ja ganz viele PDFs verlinkt und dann kann man da schön gucken, aber man muss die Stichwörter haben, aber wenn man das so vor sich hat, genau, kann ich mir schön vorstellen. | ||
Dass du jetzt die „Theosophie“ erwähnst, weil dieses Hörbuch hast du auch eingelesen auf deinem Kanal Kulturepochen. Und ich muss sagen, da bin ich erst vor kurzem, vielleicht vor ein paar Wochen drauf gestoßen, weil allein dieser Begriff „Theosophie“ mich jetzt nicht als erstes angesprochen hätte, weil ich dachte, naja, das ist ja noch das Alte, das hat ja noch was Blavatsky-mäßiges, was luziferisch Angehauchtes, da ist ja noch gar nicht der Christusimpuls drin, aber das stimmt ja gar nicht. Ich hab jetzt ein paar Vorträge von dir, die du da vorgelesen hast, angehört und allein dieses über die verschiedenen Körper, der Aufbau der Seele, diese Empfindungs-, Gemüts- und Bewusstseinsseele, wo ich gedacht habe, boah, da steht alles genau drin. Also da ist es ja wirklich explizit erklärt. Nicht dass ich das schon alles verstanden habe, was du da vorgelesen hast, aber das war wirklich total tiefgreifend. Also gut, dass du das erwähnst. Danke, finde ich einen schönen Impuls. | |||
=== Christophs Herzensthema der Anthroposophie ist der Christus-Impuls 00:12:18 === | |||
Weil du ja sagst du, man soll sich seiner Begeisterung oder seinem Weg, sein Thema so ein bisschen ranfühlen, da frage ich mich manchmal bei dir, wenn man bei dir schaut, welche Vorträge du auf deinem Kanal veröffentlicht hast. Da geht es ja einmal um die soziale Dreigliederung, dann geht es um den Christusimpuls, dann geht es um die Waldorfpädagogik, um die Trinität, also um ganz viele verschiedene Themen in der Anthroposophie. Und da habe ich mich gefragt, ob du auch so ein Spezialgebiet hast, so ein Gebiet in der Anthroposophie hast, wo dein persönliches Interesse komplett groß ist? Wo du sagst, dass das dein Bereich ist. Weil das ist mir noch nicht so ganz klar, ob du das überhaupt hast. Oder ob du so ein „Allround-Anthroposoph“ bist oder dein Name Kulturepochen weist vielleicht auf dein Spezialgebiet hin. Hast du so etwas, wo du sagst, das ist das Herzensthema von mir in der Anthroposophie? | |||
'''Christoph Bolleßen''' | '''Christoph Bolleßen''' | ||
Also ich sage mal, für mich habe ich dann irgendwann verstanden, was eben dieses zentrale Verbindende in der Anthroposophie ist und das ist eben dieser | Also ich sage mal, für mich habe ich dann irgendwann verstanden, was eben dieses zentrale Verbindende in der Anthroposophie ist und das ist eben dieser Christus-Impuls, dieses Verständnis davon, dass die Menschwerdung, der Kreuzestod und die Auferstehung Christi, dass das eben nicht nur eine klerikale Erzählung ist, die dann im institutionalisierten christlichen Raube eine Rolle irgendwo spielt. Sondern es geht da wirklich um alles. | ||
Und dieser Christus-Impuls, wenn wir in Europa, in Mitteleuropa und auch für die Menschheit eine gedeihliche Zukunft finden wollen, dann müssen wir in irgendeiner Form mit diesem Thema arbeiten. Wir müssen diesen Christus-Impuls kennenlernen, wir müssen ihn finden, wir müssen ihn dann erst mal in unser Seelenleben hineinholen und dann müssen wir dafür sorgen, dass jeder von uns diesen Christus-Impuls in alle Bereiche des menschlichen Lebens hineinträgt. | |||
Und deshalb war für mich bei der Frage nach einem Spezialgebiet oder einem Lieblingsgebiet dann irgendwie, sehr schnell hat sich das so gestaltet, dass ich gemerkt habe, in Rudolf Steiners Werk geht es eigentlich immer um den Christus-Impuls. Und dank seiner Fähigkeiten war er in der Lage, diesen Christus-Impuls immer wieder zu so verwenden, dass aus allen möglichen Blickpunkten, die man auf das menschliche Leben, auf das Menschenwesen, auf die Welt, auf die Planeten, auf das Weltall, egal von wo man schaut, dass er immer aufzeigt, worum es geht. Das Wesentliche aufzeigt. Bis ins letzte Detail. | |||
Und ich hab dann für mich einfach gedacht, ich möchte das alles durchdringen, wenn es geht. Auch wenn ich heute natürlich weiß, das ist eine Lebensaufgabe, die man auch über mehrere Leben wahrscheinlich dann ausdehnen muss, denke ich mal. Man kann immer nur staunen und demütig werden, wenn man das wirklich sieht, mit was für einer Fähigkeit, mit was für einem Weitblick und gleichzeitig auch ins Mikroskopische hinein wie Rudolf Steiner diese Dinge alle zusammenführen konnte und wahrnehmen konnte. Ja deshalb für mich ist das, ich bin von allem begeistert, was sich in der GA finden lässt, tatsächlich. | |||
'''Marion Selzer''' | '''Marion Selzer''' | ||
Und ich muss ganz ehrlich | Okay, irgendwie ein Allrouder und doch dieses alles Durchdringende, dieser Christus-Impuls, der sowieso alles durchdringt und sag ich mal im Mittelpunkt steht. | ||
=== Was ist der Christus-Impuls? 00:16:46 === | |||
Und ich muss ganz ehrlich sagen, mich hat dieser Begriff Christus, ich komme auch aus dem Katholischen, und ich war damals auch sehr ehrfürchtig und habe da so wie du immer so eine innere Anbindung gehabt, dabei haben meine Eltern immer gesagt, das was da in der Bibel steht, das daraf man nicht so ernst holen, aber trotzdem dieser Glaube an das Höhere und die Kommunion, das habe ich alles sehr wichtig genommen, aber mich dann auch sehr distanziert irgendwann von der Kirche und diesem Katholischen und jetzt hat dieser Begriff Christus halt doch so einen Beigeschmack, sage ich mal für viele, halt auch wieder was Religiöses. Und dabei, so wie ich das jetzt verstehe, braucht man sich an dem Namen Christus gar nicht aufzuhalten, ist einfach die höchste Gottheit, die sich praktisch hier in ein menschliches Gefäß hinein inkarniert hat und dadurch alles verändert hat. Ich weiß nicht, wie würdest du denn den Christus-Impuls beschreiben, wenn du ihn jetzt so beschreiben müsstest. Es ist bestimmt schwierig, ihn kurz zu beschreiben. | |||
'''Christoph Bolleßen''' | '''Christoph Bolleßen''' | ||
Ja, der | Ja, der Christus-Impuls, das ist, man kann den von ganz, ganz vielen Punkten aus darstellen. Ich würde es mal so sagen, man kann wirklich sagen, es beginnt, wenn man möchte, im allerhöchsten Geistigen, nämlich mit der Trinität, mit der Offenbarung der göttlichen Trinität in den drei Qualitäten, den Vatergott, den Sohnesgott und den Geistgott. Da haben wir den Sohn als das Bindeglied eben zwischen Vater und Geist. Und wenn man das jetzt herunterbricht auf unser Leben und auf das, was für uns Menschen heute so entscheidend wichtig ist aus meiner Sicht, dann bedeutet das eben, eine Kraft zu finden in uns, die die Erdenwelt mit der Himmelswelt verbinden kann. | ||
Und so hat es uns der Christus ja auch vorgelebt. Er ist aus den höchsten Höhen des Himmels auf die Erde herabgestiegen, ist Mensch geworden, ist dann am Kreuz gestorben, ist also durch das schlimmste irdische Martyrium gegangen, um dann bis in die tiefsten Tiefen der Erde vorzudringen. Das heißt, seine Mission und sein Wille – auch der Wille des Vaters – ist, dass wir nicht, sag ich mal, du hast ja auch eben in unserem kurzen Vorgespräch auch den Buddhismus oder ähnliche Sachen angesprochen, dass wir die Erde nicht sich selbst überlassen, dass wir das Irdische nicht aufgeben, sondern dass wir uns im Gegenteil dem Irdischen zuwenden, aber dass wir auch gleichzeitig unsere Anbindung an den Himmel nicht verlieren. | |||
Und dieser Christus-Impuls ist gleichzeitig auch ein Hinweis darauf, dass alle Dinge von zwei grundlegenden Qualitäten getragen werden. Das eine ist das Werden und das andere ist das Vergehen. Und wenn das Vergehen abgeschlossen ist, dann ist es wieder ein Werden. Und dass aus dieser Pendelbewegung sich das ergibt, was auch ein ganz zentraler Punkt in der Anthroposophie ist, nämlich die Entwicklung | Und dieser Christus-Impuls ist gleichzeitig auch ein Hinweis darauf, dass alle Dinge von zwei grundlegenden Qualitäten getragen werden. Das eine ist das Werden und das andere ist das Vergehen. Und wenn das Vergehen abgeschlossen ist, dann ist es wieder ein Werden. Und dass aus dieser Pendelbewegung sich das ergibt, was auch ein ganz zentraler Punkt in der Anthroposophie ist, nämlich die Entwicklung. | ||
Dass sich Entwicklung denken lässt für uns Menschen, das ist noch gar nicht so alt. Also wenn wir zum Beispiel noch mal in die christliche Kirche hineinschauen, da ist ja, da herrscht ja so eine Art so ein kreationistischer Determinismus vor, wenn man so will, also das heißt, Gott erschafft die Menschen, die haben dann ein Leben und dann sind sie im Himmel oder in der Hölle. Da ist wenig Platz für Entwicklung. | |||
Und | Und dieser Entwicklungsgedanke, das ist eben das, was uns mit dem Christus verbindet, dass wir sagen können, indem wir den Christus in uns aufnehmen, den Christus in uns erkennen, haben wir diese beiden Qualitäten in uns, nämlich zum einen uns liebevoll der Erde zuzuwenden und auf der anderen Seite in die höchsten Höhen des Geistigen uns anzubinden und keins davon zu vergessen. | ||
Und das finde ich das Tolle an der Anthroposophie, das bezeichnet auch den Namen „anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft“. Dass man also aus der Betrachtung des Irdischen, aus der Beschäftigung mit dem Irdischen das höchste Geistige abliest und sich damit verbindet. | |||
=== Die Erde als Gefängnisplanet 00:22:48 === | |||
'''Marion Selzer''' | '''Marion Selzer''' | ||
Und | Und ich komme ja aus so einer Strömung, und ich glaube, da spreche ich auch für viele, die sehen die Erde eher als so ein Gefängnisplanet. Man muss hier raus. Also es geht um die persönliche Freiheit, nicht mehr inkarnieren zu müssen. Deshalb hatte ich eben auch den Buddhismus angesprochen, da geht es ja schon darum, karmafrei zu werden, um nicht mehr hier als Mensch inkarnieren zu müssen Jetzt hat sich aber laut der Anthroposophie durch dieses Mysterium von Golgatha, durch die Inkarnation Christus, etwas da auch gewaltig verändert. Und da sagst du ja auch, ab jetzt sind wir auf dem Weg, Schöpfer zu werden. Und das bedeutet aber auch, dass wir jetzt hier anwesend sind und da anfangen, unsere Verantwortung zu übernehmen. Immer weniger, sag ich mal, im Kontakt sind mit Göttern, die uns führen, sondern dass wir praktisch uns aus eigener Kraft wieder dem zuwenden und die Christus-Kraft in uns erkennen und dann aber auch diese Verantwortung übernehmen und das umwandeln. Also nicht Erde hier zurücklassen, so wie du gesagt hast, sondern hier mitwirken, dass wieder ein gemeinsamer Aufstieg, diese Vergeistigung stattfinden kann. Ist das so richtig zusammengefasst? | ||
'''Christoph Bolleßen''' | '''Christoph Bolleßen''' | ||
Denn diese Widersacher, zumindest kann man sagen, Luzifer und Ahriman, die haben einen göttlichen Auftrag, uns also so lange zu triezen, bis wir auf diese Karma-Päckchen | Ja, richtig, genau. Genau so ist das. Also dass wir unsere aktivierten Schöpferkräfte anwenden, um die gesamte Welt mit zu erlösen. Das schaffen wir nicht alleine. Dazu brauchen wir den Christus. Er ist der Erlöser. Aber weil wir eben auf dem Weg sind, freie Ich-Menschen zu werden, sind wir bereits an dem Punkt, an dem der Christus eben das Karma, das wir untereinander angerichtet haben, also was wir anderen Menschen angetan haben, das erlöst er nicht mehr für uns. Weil wenn er das tun würde, dann würde er gleichzeitig eben diesen Weg des Menschen konterkarieren. | ||
Das bedeutet also, diese Karmapäckchen, die wir verursacht haben, die müssen wir jetzt auflösen und dabei helfen uns, um es mal positiv zu formulieren, die Widersacher. Denn diese Widersacher, zumindest kann man sagen, Luzifer und Ahriman, die haben einen göttlichen Auftrag, uns also so lange zu triezen, bis wir auf diese Karmapäckchen aufmerksam werden bzw. sie sind natürlich auch gleichzeitig Helfer, dass wir diese Karma-Päckchen generieren, aber eigentlich sind sie große Diener der Menschheitsentwicklung und sind allerdings beide auch von Widersacherkräften beeinflusst, die mit unserer Menschheitsentwicklung direkt so weniger zu tun haben, die stammen noch aus einem Weltensystem, was eben ja - vorher um es mal unserer Sicht formulieren zu können, was eben vorher schon stattgefunden hat. Da ist dann ein Wesen mit reingekommen, auf das das nicht so ganz zutrifft, was wir durchaus auch bei uns in der Entwicklung haben und wo wir vorsichtig sein müssen, dass wir da entsprechend uns aufstellen und darum wissen. | |||
=== 00:26:44 === | |||
'''Marion Selzer''' | '''Marion Selzer''' | ||
Ich habe jetzt mehrere Möglichkeiten weiter zu gehen und welche Themen ich anspreche | |||
Mich beschäftigt im Moment sehr diese sinnlosen Gewalttaten, die ja heute immer mehr stattfinden. Jemand rast mit einem Auto ganz unvermittelt in eine Menschenmenge oder sticht unschuldige Menschen einfach nieder. Und dann kommt für mich schon eine Grausamkeit raus, die scheint mir irgendwie neuer. Und da sehe ich schon so eine asurisch-soratische Qualität. Und da frage ich mich, wie kann uns der Christusimpuls helfen, dass wir da nicht mehr in die Spaltung, in die Entmenschlichung, in Rach- und Hassgedanken kommen, sondern wie können wir da weiter Mitgefühl, Vergebung, Brüderlichkeit praktizieren? | Mich beschäftigt im Moment sehr diese sinnlosen Gewalttaten, die ja heute immer mehr stattfinden. Jemand rast mit einem Auto ganz unvermittelt in eine Menschenmenge oder sticht unschuldige Menschen einfach nieder. Und dann kommt für mich schon eine Grausamkeit raus, die scheint mir irgendwie neuer. Und da sehe ich schon so eine asurisch-soratische Qualität. Und da frage ich mich, wie kann uns der Christusimpuls helfen, dass wir da nicht mehr in die Spaltung, in die Entmenschlichung, in Rach- und Hassgedanken kommen, sondern wie können wir da weiter Mitgefühl, Vergebung, Brüderlichkeit praktizieren? | ||
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Jederzeit, Marion, hat mich auch gefreut. Danke dir. | Jederzeit, Marion, hat mich auch gefreut. Danke dir. | ||
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Aktuelle Version vom 3. November 2025, 13:56 Uhr
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Begrüßung und wie Christoph Bolleßen zur Anthroposophie kam 00:00:33
Marion Selzer
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe bei Inspiriert-sein.TV und heute bin ich im Gespräch mit Christoph Bolleßen. Hallo Christoph, schön, dass du da bist.
Christoph Bolleßen
Hallo Marion, ich freue mich. Danke für die Einladung.
Marion Selzer
Christoph, du bist ja, wenn ich richtig informiert bin, gar nicht jetzt in den klassisch-anthroposophischen Hintergrund hineingeboren. Du kommst aus einer ganz normalen bürgerlichen, ich glaube, katholischen Familie und du hast dann erst später zur Anthroposophie gefunden, erst im erwachsenen Leben. Ich glaube, du hast laut deiner eigenen Aussage eine heftige Jugend hinter dir. Also du bist so ein ganz gewöhnlicher junger Mensch gewesen, der schon immer eine Anbindung hatte, aber dann erst später zur Anthroposophie gefunden hat. Heute hast du ja deinen Kanal Kulturepochen, auch deine gleichnamige Seite, wo du Vorträge machst, sehr inspirierende, aber auch Hörbücher einliest von Rudolf Steiner. Du gehst auch vor Ort zu Veranstaltungen, hältst da deine Reden und machst auch Workshops. Du hast dich so autodidaktisch da hineingefunden in die Anthroposophie und als du dann, ich glaube, das war so vor 13 Jahren, da hingekommen bist, hattest du auch so schnell dieses Gespür, das ist meine geistige Heimat. Ist das so richtig? Kannst du dich noch daran erinnern, was hat dich damals so angesprochen oder so fasziniert?
Christoph Bolleßen
Ja, also ich sage mal, der Ruf der Anthroposophie, der hat mich so ein bisschen verzögert erreicht, könnte man sagen. Ich war also, als ich ungefähr 2008, 2009, da bin ich umgezogen in die Heidelberger Gegend und habe da gearbeitet in einem größeren Biomarkt in Heidelberg und zu der Zeit war meine Seele in so einer Art Suchbewegung und war auch innerlich sehr offen und aufgeschlossen nach außen hin neue Spiritualität zu finden. Und ich habe damals viele liebe, interessante Menschen kennengelernt, denen ich auch sehr dankbar bin, dass sie mich auf dem Weg begleitet haben. Alle mehr oder weniger eine Zeit lang.
Und ich bin dann damals zum ersten Mal so richtig auf die Anthroposophie aufmerksam geworden, zunächst einmal durch das Logo vom Demeter-Verband. Da hat mich also diese Farbe, dieses Orange und dann auch die Form der Buchstaben, das hat mich irgendwie berührt innerlich. Und ich hatte auch damals, obwohl ich konkret noch gar nicht wusste, um was es geht, hatte ich sofort den Eindruck, das kennst du irgendwie. Das fühlte sich familiär an.
Und dann war ich auch sehr begeistert von den Produkten selber. Ich hab damals unter anderem auch, wir hatte eine große Obst- und Gemüseabteilung, morgens kam dann diese Rollwägen an, wo dann einfach diese frischen Gemüse- und Obstkisten oben drauf waren und ich hab auch einfach gemerkt, diese Demeterprodukte haben eine besondere Ausstrahlung gehabt.
Und dann war es eines Tages so, dass wir eingeladen wurden vom Biomarkt in die Hauptzentrale von einem großen Erzeuger von Demeter, Obst, Gemüse und auch anderen Produkten, ein Handelskontor, und dann kam ich also dort an und dann weiß ich noch, da sah ich dann zum ersten Mal bewusst diese anthroposophische Bauweise, das heißt also nicht mehr rechtwinklig und alles quadratisch usw., sondern da waren auch andere Formen im Spiel. Und dann bin ich da rein gegangen und dann gab es dort eine Vitrine und in dieser Vitrine waren kleine Heftchen ausgestellt und eins davon war „Rudolf Steiner – Zwei Wege zu Christus“ und das hat mich so angesprochen, dass ich dann zu dem Herrn, der damals eingeladen hatte und der auch zuständig war für uns und uns betreut hat, gesagt habe, kann man diese Heftchen hier bei euch irgendwo kaufen? Und dann sagte er, ja hier jetzt bei uns nicht, das sind Exponate, musst du vielleicht mal im Buchhandel schauen.
Und dann war auch dieses Treffen, ich bin dann wieder nach Hause gefahren, dann gerät das alles wieder in den Hintergrund. Und ein paar Wochen später hat mich dieser Herr dann besucht, er kam dann im Laden vorbei und hatte dann ein kleines Geschenk für mich und das war dieses kleine Heftchen. Und das war eigentlich der Beginn, sage ich mal, dass ich gespürt habe, das ist der Weg, den du gehen möchtest. Und das hat sich dann auch gefestigt in der Zeit darauf, da habe ich dann eine Ausbildung machen dürfen zum Waldorf-Klassenlehrer und Gartenbaulehrer, und da waren dann alle Dämme gebrochen sozusagen, da bin ich richtig eingestiegen in das Selbststudium. Das war dann so 2014 und ja seitdem bemühe ich mich nach Kräften einfach da weiterzukommen und am Ball zu bleiben, wie man so schön sagt.
Marion Selzer
Schön, danke. Da waren jetzt einige Sachen dabei, die ich gar nicht wusste, auch dass du Waldorfschullehrer - eine Ausbildung hast, und dass dich dieses Logo so angesprochen hat. Würdest du sagen, ich meine, du hast zwar nicht in diesem Leben inkarniert in eine anthroposophische Familie, was ja vielleicht auch wichtig ist, um aus eigenem Willen da noch mal hinzufinden, aber da scheint ja schon so eine Art Rückerinnerung zu sein, also könnte ich mir vorstellen, dass du dich nicht zum ersten Mal mit diesen Themen beschäftigst, sondern vielleicht schon im vorherigen Leben.
Christoph Bolleßen
Ja, zumindest kann man sagen, irgendwas hat meine Seele da wie angezogen, wie so magnetisch in den Bann gezogen, aber nicht so in Form von Überwältigung, das hat man ja auch manchmal, dass man irgendwas in die Seele reingepresst bekommt, sondern es war schon eine äußere Anregung und dann hat meine Seele begonnen, sich darauf zuzubewegen. So kann ich das vielleicht beschreiben.
Literaturempfehlungen für den Einstieg in das Werk Rudolf Steiners 00:08:00
Marion Selzer
Und du hast ja jetzt auch die Ausbildung da gemacht, da hattest du ja schon eine Anleitung, mit welchen Themen du dich beschäftigst, aber wenn ich das richtig verstehe, hast du auch vieles aus eigenem Antrieb dir angelesen, angeeignet, erforscht. Und da wäre meine Frage, du machst das glaub ich jetzt so seit 13, 14 Jahren, du hast gesagt seit 2013, 2014?
Christoph Bolleßen
Ja 12 Jahre, 13 Jahre so.
Marion Selzer
Und wenn man ja zur Anthroposophie findet, zumindest ging es mir so, ich meine, das ist ja so eine Fülle an Themen und ich war erst mal so überwältigt und wusste gar nicht, wo fange ich denn jetzt an und wo höre ich auf. Und auch heute noch würde ich am liebsten 10 GAs parallel lesen und noch hier den Vortrag und da noch was anhören. Hast du da eine Idee oder eine Empfehlung oder einen Tipp, wie man da herangehen könnte? Würdest du sagen, das ist schon wichtig, gewisse Themengebiete sich am Anfang zu Gemüte zu ziehen oder folgt man komplett seiner Begeisterung? Oder wie bist du das angegangen?
Christoph Bolleßen
Ja, also so in der Richtung, die Frage habe ich schon häufiger gestellt bekommen, was ich da so empfehlen würde für den Einstieg. Also aus meiner jetzigen Perspektive kann ich sagen, wie du es so schön formuliert hast, also dieser eigene Weg der Begeisterung, was zieht mich an, den würde ich stark favorisieren. Dass man vielleicht einen Ort aufsucht, wo man möglichst viele Bücher aus der Gesamtausgabe einmal vor sich hat und dass man dann einfach mal innerlich leise wird und dann mal das eine Buch in die Hand nimmt, das andere Buch in die Hand nimmt und dann einfach mal vielleicht auch vorne die Zusammenfassungen der Vortragsthemen, da gibt es ja bei vielen Ausgaben gibt es ja dann vorne immer die Zusammenfassungen, welche Themen werden im Vortrag behandelt. Und dass man so einfach auf die Spur kommt, was suche ich eigentlich, weil man weiß es ja oft nicht im klaren Tagesbewusstsein, in welche Richtung möchte sich meine Seele denn eigentlich erweitern oder mein Bewusstsein, in welche Richtung soll das gehen. Und deshalb sage ich immer, irgendwo so den eigenen Einstieg finden, das finde ich ganz wichtig.
Und wenn man dann fragt, ja gibt es vielleicht ein Buch, wo Grundlegendes mal vermittelt wird, was sich gut lesen lässt, dann finde ich persönlich sehr, sehr schön die „Theosophie“. Also das ist wirklich so ein Werk, da kann man mal auf Tuchfühlung gehen mit anthroposophischen Grundlagen und kann sich erfreuen an den wunderbaren Satzbauten von Rudolf Steiner, an den Begrifflichkeiten, die er verwendet. Also die „Theosophie“ ist für mich ein sehr, sehr schönes Grundlagenwerk.
Marion Selzer
Also ich finden den Hinweis, da hin zu gehen und die Bücher auf sich wirken zu lassen, raus zu nehmen, in die Vortragsbeschreibungen hinein zu schauen, so mach ich das im Moment auch im Internet, also dank Wolfgang Peter im anthrowiki sind ja ganz viele PDFs verlinkt und dann kann man da schön gucken, aber man muss die Stichwörter haben, aber wenn man das so vor sich hat, genau, kann ich mir schön vorstellen.
Dass du jetzt die „Theosophie“ erwähnst, weil dieses Hörbuch hast du auch eingelesen auf deinem Kanal Kulturepochen. Und ich muss sagen, da bin ich erst vor kurzem, vielleicht vor ein paar Wochen drauf gestoßen, weil allein dieser Begriff „Theosophie“ mich jetzt nicht als erstes angesprochen hätte, weil ich dachte, naja, das ist ja noch das Alte, das hat ja noch was Blavatsky-mäßiges, was luziferisch Angehauchtes, da ist ja noch gar nicht der Christusimpuls drin, aber das stimmt ja gar nicht. Ich hab jetzt ein paar Vorträge von dir, die du da vorgelesen hast, angehört und allein dieses über die verschiedenen Körper, der Aufbau der Seele, diese Empfindungs-, Gemüts- und Bewusstseinsseele, wo ich gedacht habe, boah, da steht alles genau drin. Also da ist es ja wirklich explizit erklärt. Nicht dass ich das schon alles verstanden habe, was du da vorgelesen hast, aber das war wirklich total tiefgreifend. Also gut, dass du das erwähnst. Danke, finde ich einen schönen Impuls.
Christophs Herzensthema der Anthroposophie ist der Christus-Impuls 00:12:18
Weil du ja sagst du, man soll sich seiner Begeisterung oder seinem Weg, sein Thema so ein bisschen ranfühlen, da frage ich mich manchmal bei dir, wenn man bei dir schaut, welche Vorträge du auf deinem Kanal veröffentlicht hast. Da geht es ja einmal um die soziale Dreigliederung, dann geht es um den Christusimpuls, dann geht es um die Waldorfpädagogik, um die Trinität, also um ganz viele verschiedene Themen in der Anthroposophie. Und da habe ich mich gefragt, ob du auch so ein Spezialgebiet hast, so ein Gebiet in der Anthroposophie hast, wo dein persönliches Interesse komplett groß ist? Wo du sagst, dass das dein Bereich ist. Weil das ist mir noch nicht so ganz klar, ob du das überhaupt hast. Oder ob du so ein „Allround-Anthroposoph“ bist oder dein Name Kulturepochen weist vielleicht auf dein Spezialgebiet hin. Hast du so etwas, wo du sagst, das ist das Herzensthema von mir in der Anthroposophie?
Christoph Bolleßen
Also ich sage mal, für mich habe ich dann irgendwann verstanden, was eben dieses zentrale Verbindende in der Anthroposophie ist und das ist eben dieser Christus-Impuls, dieses Verständnis davon, dass die Menschwerdung, der Kreuzestod und die Auferstehung Christi, dass das eben nicht nur eine klerikale Erzählung ist, die dann im institutionalisierten christlichen Raube eine Rolle irgendwo spielt. Sondern es geht da wirklich um alles.
Und dieser Christus-Impuls, wenn wir in Europa, in Mitteleuropa und auch für die Menschheit eine gedeihliche Zukunft finden wollen, dann müssen wir in irgendeiner Form mit diesem Thema arbeiten. Wir müssen diesen Christus-Impuls kennenlernen, wir müssen ihn finden, wir müssen ihn dann erst mal in unser Seelenleben hineinholen und dann müssen wir dafür sorgen, dass jeder von uns diesen Christus-Impuls in alle Bereiche des menschlichen Lebens hineinträgt.
Und deshalb war für mich bei der Frage nach einem Spezialgebiet oder einem Lieblingsgebiet dann irgendwie, sehr schnell hat sich das so gestaltet, dass ich gemerkt habe, in Rudolf Steiners Werk geht es eigentlich immer um den Christus-Impuls. Und dank seiner Fähigkeiten war er in der Lage, diesen Christus-Impuls immer wieder zu so verwenden, dass aus allen möglichen Blickpunkten, die man auf das menschliche Leben, auf das Menschenwesen, auf die Welt, auf die Planeten, auf das Weltall, egal von wo man schaut, dass er immer aufzeigt, worum es geht. Das Wesentliche aufzeigt. Bis ins letzte Detail.
Und ich hab dann für mich einfach gedacht, ich möchte das alles durchdringen, wenn es geht. Auch wenn ich heute natürlich weiß, das ist eine Lebensaufgabe, die man auch über mehrere Leben wahrscheinlich dann ausdehnen muss, denke ich mal. Man kann immer nur staunen und demütig werden, wenn man das wirklich sieht, mit was für einer Fähigkeit, mit was für einem Weitblick und gleichzeitig auch ins Mikroskopische hinein wie Rudolf Steiner diese Dinge alle zusammenführen konnte und wahrnehmen konnte. Ja deshalb für mich ist das, ich bin von allem begeistert, was sich in der GA finden lässt, tatsächlich.
Marion Selzer
Okay, irgendwie ein Allrouder und doch dieses alles Durchdringende, dieser Christus-Impuls, der sowieso alles durchdringt und sag ich mal im Mittelpunkt steht.
Was ist der Christus-Impuls? 00:16:46
Und ich muss ganz ehrlich sagen, mich hat dieser Begriff Christus, ich komme auch aus dem Katholischen, und ich war damals auch sehr ehrfürchtig und habe da so wie du immer so eine innere Anbindung gehabt, dabei haben meine Eltern immer gesagt, das was da in der Bibel steht, das daraf man nicht so ernst holen, aber trotzdem dieser Glaube an das Höhere und die Kommunion, das habe ich alles sehr wichtig genommen, aber mich dann auch sehr distanziert irgendwann von der Kirche und diesem Katholischen und jetzt hat dieser Begriff Christus halt doch so einen Beigeschmack, sage ich mal für viele, halt auch wieder was Religiöses. Und dabei, so wie ich das jetzt verstehe, braucht man sich an dem Namen Christus gar nicht aufzuhalten, ist einfach die höchste Gottheit, die sich praktisch hier in ein menschliches Gefäß hinein inkarniert hat und dadurch alles verändert hat. Ich weiß nicht, wie würdest du denn den Christus-Impuls beschreiben, wenn du ihn jetzt so beschreiben müsstest. Es ist bestimmt schwierig, ihn kurz zu beschreiben.
Christoph Bolleßen
Ja, der Christus-Impuls, das ist, man kann den von ganz, ganz vielen Punkten aus darstellen. Ich würde es mal so sagen, man kann wirklich sagen, es beginnt, wenn man möchte, im allerhöchsten Geistigen, nämlich mit der Trinität, mit der Offenbarung der göttlichen Trinität in den drei Qualitäten, den Vatergott, den Sohnesgott und den Geistgott. Da haben wir den Sohn als das Bindeglied eben zwischen Vater und Geist. Und wenn man das jetzt herunterbricht auf unser Leben und auf das, was für uns Menschen heute so entscheidend wichtig ist aus meiner Sicht, dann bedeutet das eben, eine Kraft zu finden in uns, die die Erdenwelt mit der Himmelswelt verbinden kann.
Und so hat es uns der Christus ja auch vorgelebt. Er ist aus den höchsten Höhen des Himmels auf die Erde herabgestiegen, ist Mensch geworden, ist dann am Kreuz gestorben, ist also durch das schlimmste irdische Martyrium gegangen, um dann bis in die tiefsten Tiefen der Erde vorzudringen. Das heißt, seine Mission und sein Wille – auch der Wille des Vaters – ist, dass wir nicht, sag ich mal, du hast ja auch eben in unserem kurzen Vorgespräch auch den Buddhismus oder ähnliche Sachen angesprochen, dass wir die Erde nicht sich selbst überlassen, dass wir das Irdische nicht aufgeben, sondern dass wir uns im Gegenteil dem Irdischen zuwenden, aber dass wir auch gleichzeitig unsere Anbindung an den Himmel nicht verlieren.
Und dieser Christus-Impuls ist gleichzeitig auch ein Hinweis darauf, dass alle Dinge von zwei grundlegenden Qualitäten getragen werden. Das eine ist das Werden und das andere ist das Vergehen. Und wenn das Vergehen abgeschlossen ist, dann ist es wieder ein Werden. Und dass aus dieser Pendelbewegung sich das ergibt, was auch ein ganz zentraler Punkt in der Anthroposophie ist, nämlich die Entwicklung.
Dass sich Entwicklung denken lässt für uns Menschen, das ist noch gar nicht so alt. Also wenn wir zum Beispiel noch mal in die christliche Kirche hineinschauen, da ist ja, da herrscht ja so eine Art so ein kreationistischer Determinismus vor, wenn man so will, also das heißt, Gott erschafft die Menschen, die haben dann ein Leben und dann sind sie im Himmel oder in der Hölle. Da ist wenig Platz für Entwicklung.
Und dieser Entwicklungsgedanke, das ist eben das, was uns mit dem Christus verbindet, dass wir sagen können, indem wir den Christus in uns aufnehmen, den Christus in uns erkennen, haben wir diese beiden Qualitäten in uns, nämlich zum einen uns liebevoll der Erde zuzuwenden und auf der anderen Seite in die höchsten Höhen des Geistigen uns anzubinden und keins davon zu vergessen.
Und das finde ich das Tolle an der Anthroposophie, das bezeichnet auch den Namen „anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft“. Dass man also aus der Betrachtung des Irdischen, aus der Beschäftigung mit dem Irdischen das höchste Geistige abliest und sich damit verbindet.
Die Erde als Gefängnisplanet 00:22:48
Marion Selzer
Und ich komme ja aus so einer Strömung, und ich glaube, da spreche ich auch für viele, die sehen die Erde eher als so ein Gefängnisplanet. Man muss hier raus. Also es geht um die persönliche Freiheit, nicht mehr inkarnieren zu müssen. Deshalb hatte ich eben auch den Buddhismus angesprochen, da geht es ja schon darum, karmafrei zu werden, um nicht mehr hier als Mensch inkarnieren zu müssen Jetzt hat sich aber laut der Anthroposophie durch dieses Mysterium von Golgatha, durch die Inkarnation Christus, etwas da auch gewaltig verändert. Und da sagst du ja auch, ab jetzt sind wir auf dem Weg, Schöpfer zu werden. Und das bedeutet aber auch, dass wir jetzt hier anwesend sind und da anfangen, unsere Verantwortung zu übernehmen. Immer weniger, sag ich mal, im Kontakt sind mit Göttern, die uns führen, sondern dass wir praktisch uns aus eigener Kraft wieder dem zuwenden und die Christus-Kraft in uns erkennen und dann aber auch diese Verantwortung übernehmen und das umwandeln. Also nicht Erde hier zurücklassen, so wie du gesagt hast, sondern hier mitwirken, dass wieder ein gemeinsamer Aufstieg, diese Vergeistigung stattfinden kann. Ist das so richtig zusammengefasst?
Christoph Bolleßen
Ja, richtig, genau. Genau so ist das. Also dass wir unsere aktivierten Schöpferkräfte anwenden, um die gesamte Welt mit zu erlösen. Das schaffen wir nicht alleine. Dazu brauchen wir den Christus. Er ist der Erlöser. Aber weil wir eben auf dem Weg sind, freie Ich-Menschen zu werden, sind wir bereits an dem Punkt, an dem der Christus eben das Karma, das wir untereinander angerichtet haben, also was wir anderen Menschen angetan haben, das erlöst er nicht mehr für uns. Weil wenn er das tun würde, dann würde er gleichzeitig eben diesen Weg des Menschen konterkarieren.
Das bedeutet also, diese Karmapäckchen, die wir verursacht haben, die müssen wir jetzt auflösen und dabei helfen uns, um es mal positiv zu formulieren, die Widersacher. Denn diese Widersacher, zumindest kann man sagen, Luzifer und Ahriman, die haben einen göttlichen Auftrag, uns also so lange zu triezen, bis wir auf diese Karmapäckchen aufmerksam werden bzw. sie sind natürlich auch gleichzeitig Helfer, dass wir diese Karma-Päckchen generieren, aber eigentlich sind sie große Diener der Menschheitsentwicklung und sind allerdings beide auch von Widersacherkräften beeinflusst, die mit unserer Menschheitsentwicklung direkt so weniger zu tun haben, die stammen noch aus einem Weltensystem, was eben ja - vorher um es mal unserer Sicht formulieren zu können, was eben vorher schon stattgefunden hat. Da ist dann ein Wesen mit reingekommen, auf das das nicht so ganz zutrifft, was wir durchaus auch bei uns in der Entwicklung haben und wo wir vorsichtig sein müssen, dass wir da entsprechend uns aufstellen und darum wissen.
00:26:44
Marion Selzer
Ich habe jetzt mehrere Möglichkeiten weiter zu gehen und welche Themen ich anspreche
Mich beschäftigt im Moment sehr diese sinnlosen Gewalttaten, die ja heute immer mehr stattfinden. Jemand rast mit einem Auto ganz unvermittelt in eine Menschenmenge oder sticht unschuldige Menschen einfach nieder. Und dann kommt für mich schon eine Grausamkeit raus, die scheint mir irgendwie neuer. Und da sehe ich schon so eine asurisch-soratische Qualität. Und da frage ich mich, wie kann uns der Christusimpuls helfen, dass wir da nicht mehr in die Spaltung, in die Entmenschlichung, in Rach- und Hassgedanken kommen, sondern wie können wir da weiter Mitgefühl, Vergebung, Brüderlichkeit praktizieren?
Christoph Bolleßen
Ja, das sagst du richtig. Also das ist eine der größten Herausforderungen. Und man kann so viel sagen, also so, wie wir jetzt mit den Dingen umgehen, das wird bei Weitem nicht ausreichen. Also ich persönlich erlebe da einmal eine viel zu starke Politisierung der Dinge. Und auf der anderen Seite äußert sich also auch sozusagen eine mangelnde Beachtung der geistigen Hintergründe und vor allen Dingen auch der religiösen Kräfte. Das rächt sich jetzt, weil die maßgeblichen Menschen, die Entscheidungen treffen, diese Dinge überhaupt nicht ernst nehmen. Und aus meiner Sicht braucht es auf jeden Fall Verständnis. Es braucht viel Toleranz. Es braucht diese geistige Vision, dass wir uns jetzt eben in einem Michaelischen Zeitalter befinden. Das heißt, die Menschheit muss eins werden, aber eben nicht innerhalb von einer Woche. Und wenn die Menschheit eins werden soll, dann bedeutet das auch eine hohe Verantwortung. Nämlich gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Kräfte, die die Menschheit einst einen werden, nicht zertrampelt werden. Soll also heißen, wir werden nicht umhinkommen, auch wieder an gewissen Stellen deutliche Grenzen aufzuzeigen. Wenn man im Leben nicht in der Lage ist, auch Grenzen zu setzen, dann wird man überrannt.
Marion Selzer
Wenn ich jetzt so zusammenfassen würde, werde ich aufpassen, dass wir uns nicht in dieses Spiel, ich bin jetzt A oder B, hineinziehen lassen. Sondern dass wir eher in die Synthese kommen. Dass wir gleichzeitig aber auch gewisse Werte, wie du jetzt gesagt hast, die Unversehrtheit des Körpers oder Gleichstellung von Mann und Frau, dass wir da sagen, wir müssen auch Grenzen setzen. Aber vielleicht auch den geistigen Blickwinkel mit dazunehmen. Also meine Befürchtung ist zum Beispiel, dass jetzt wieder ganz viele für die Todesstrafe sind. Menschlich kann ich das absolut verstehen. Aber der geistige Blickwinkel würde mir sagen, warte mal, wenn jemand hingerichtet wird und sieht das nicht als Recht, dann hat er doch Hass und Rache, während er stirbt. Und kommt dann mit vielleicht noch mehr gewaltvollen Absichten in seine nächste Inkarnation. Also kann für mich eine Todesstrafe niemals jemand empfehlen, der einen geistigen Blickwinkel hat.
Christoph Bolleßen
Ja, natürlich.
Die Aufgabe des Geisteslebens und Ausblick 00:41:46
Marion Selzer
Wir brauchen vielleicht auch in den Führungspositionen Menschen mit einem geistigen Blickwinkel.
Christoph Bolleßen
Ja, es braucht auf jeden Fall eine Belebung des Geisteslebens. Wenn man es genau nimmt, haben wir heute kein Geistesleben, sondern das ist alles unlebendig, was heute stattfindet, weil die geistige Welt nicht mit einbezogen wird.
Marion Selzer
Und da sind wir ja auch gefordert, im Bewusstseinsseelenzeitalter sollte eigentlich die Öffnung wieder für das Geistige stattfinden.
Christoph Bolleßen
Ja, richtig. Und dass man den Menschen auch Gelegenheit gibt, das, was aus ihnen aufsteigt, umzusetzen. Nehmen wir mal das Beispiel Waldorfpädagogik, aber solche Menschen braucht es überall, die erkennen können, gerade auch bei den jungen Menschen, was bringen diese Menschen eigentlich mit, und was wollen die eigentlich auf der Welt gestalten. Und wenn jetzt diese Willensimpulse aus dem Vorgeburtlichen, sage ich mal, zum Schweigen gebracht werden, indem man also Regelwerke, Statuten, Normen und Gesetze einfach über alles drüberstellt, dann können diese Impulse sich nicht verwirklichen und dann passiert das, was du eben so schön gesagt hast: Diese Menschen gehen dann über die Schwelle und werden mit einer Riesenenttäuschung konfrontiert: Ich konnte das, was ich mir vorgenommen habe, gar nicht umsetzen. Und dann entsteht eine noch größere Not, ich muss jetzt wieder auf die Erde, ich muss jetzt ganz schnell wieder. Und überall da, wo viel Druck dahinter ist, das sind genau die Stellen, wo die Widersacher sich dann einschleichen können.
Marion Selzer
Und du würdest einfach sagen, es ist wichtig, dass wir halt schon in den jungen Jahren anfangen, dass da die Bedingungen einfach richtig sind, dass da halt Begleiter sind, die erkennen können, was ist die Anlage, was bringt er mit. Und dass wir das fördern.
Christoph Bolleßen
Ganz genau. Ich wollte nur sagen, den Kindern viel anbieten. Kontakt zur Kunst. Sich selber ausprobieren zu können. Im Schmieden, im Gartenbau, in der Eurythmie, in der Sprachgestaltung, im Malen, Zeichnen. Alles, was es da so gibt, damit die Kinder ihre eigenen Fähigkeiten kennenlernen können.
Marion Selzer
Und du hast gesagt, diese Freiheit, das ist keine autoritätslose Erziehung, sondern eine liebevolle Autoritätsfigur ist von 7 bis 14 einfach extrem wichtig, laut Rudolf Steiner.
Christoph Bolleßen
Absolut. Das sagt Rudolf Steiner ja explizit. Das Schlimmste, was man machen kann, den Kindern gegenüber, ist, wenn die Erwachsenen zu Kindern werden. Die müssen sich reiben. Die müssen also merken, der da vor mir steht, das ist keiner auf Augenhöhe, sondern das ist jemand, zu dem ich aufschauen kann. Und das bedeutet eben natürlich auch, dass man Kindern auch Grenzen setzt. An diesen Grenzen können sie wachsen.
Marion Selzer
Immer wieder beim Grenzen setzen wir. Ja, das ist nicht so leicht anscheinend, für den Menschen Grenzen zu setzen. Wenn wir jetzt gerade bei den Kindern sind, was ist von künstlichen Gebärmuttern zu halten?
Christoph Bolleßen
Das ist eine spannende Frage. Ich sage mal so, was wir vielleicht ahnen können, ist, dass Seelen, die noch eine gewisse Unreife haben, durch die künstliche Befruchtung dann eine Möglichkeit bekommen, auf die Erde zu gelangen. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, lasse ich dahingestellt. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass es in einigen Fällen auch nicht zuträglich ist. Dass man also sagen könnte, es wäre besser, diese Seelen würden noch ein bisschen in der geistigen Welt verbleiben. Natürlich auch, weil wir eben die Widersacher angesprochen haben, das ist natürlich ein großer Toröffner für die Widersacher, ganz klar.
Marion Selzer
Und ich hatte eigentlich künstliche Gebärmutter, aber ich komme auf die künstliche Befruchtung. Ich meine, da sagt ja auch der Wolfgang Peter, dass unsere Fortpflanzungskräfte abnehmen und dass eventuell künstliche Befruchtung dann teilweise nötig wird. Aber eine künstliche Gebärmutter, was ist unter dem Aspekt, dass ich ja den Äther- und den Astralleib meiner Mutter eigentlich noch über die Geburt hinaus brauche, aber selbst auch während den neun Monaten im Bauch meiner Mutter, wenn ich den Prozess auslagere auf eine künstliche Gebärmutter, das wäre doch eine Katastrophe für die Äther- und Seelenentwicklung.
Christoph Bolleßen
Ja, selbstverständlich, klar. Und das herrscht ja dann auch, dass dann praktisch das Ich dann gar nicht so richtig vielleicht andocken kann und dass dann auch die Widersacher diese Hüllen vielleicht übernehmen könnten. Diesen Prozess beschreibt Rudolf Steiner, dass er damals schon gesagt hat, wir haben immer mehr diese ich-losen Menschen unter uns. Das sind einfach dann im Grunde keine richtigen Menschen, sondern das sind Wesen, die sich irgendwo auf so einer Zwischenstufe zum Menschen bewegen. Und da sagt Rudolf Steiner, da haben wir dann eine besondere Aufgabe, dass wir zu denen also auch besonders liebevoll sind.
Marion Selzer
Du hast ja auf deiner Seite kulturepochen.de alle Termine stehen. Man hat einen Kontakt zu dir. Ja, du machst ja auch Beratungen auf anthroposophischer Basis.
Christoph Bolleßen
Sehr gerne, vielen Dank.
Marion Selzer
Ja, ich verlinke natürlich alles. Herzlichen Dank, Christoph, für deine Zeit, für deine Inspiration und vielleicht kommst du ja mal wieder, würde mich sehr freuen.
Christoph Bolleßen
Jederzeit, Marion, hat mich auch gefreut. Danke dir.
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